Arbeitsmarkt stärken und Eingliederung fördern

25. März 2011 Medienmitteilungen

Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen darf nicht mit Angriffen auf die freie Lohngestaltung und die Kündigungsfreiheit eingeschränkt werden. Der Schweizerische Arbeitgeberverband bekräftigte an der Medienkonferenz in Bern sein «Nein» zu gesetzlichen Mindestlöhnen und Lohngrenzen sowie zum Ausbau des Kündigungsschutzes. Gleichzeitig fordert er die zügige Sanierung der Sozialwerke. Bei der IV-Revision setzt er sich dafür ein, dass mehr Menschen mit Behinderungen ins Erwerbsleben integriert werden.

Die Schweizer Wirtschaft präsentiert sich in einer guten Verfassung. Das Bruttoinlandprodukt wächst schneller als noch vor einem Jahr erwartet, und die Arbeitslosigkeit ist rascher zurückgegangen als befürchtet. In manchen Branchen ist bereits ein Mangel an spezialisierten Fachkräften feststellbar. Rudolf Stämpfli, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), stellte deshalb in seiner Standortbestimmung klar: «Die Schweizer Arbeitgeber sind auf qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Der freie Personenverkehr mit der EU und genügend Kontingente für Arbeitskräfte aus Drittstaaten sind für die Entwicklung der Wirtschaft unabdingbar.»

Rudolf Stämpfli warnte auch, dass der Aufschwung nicht gesichert sei. Das gilt vor allem für exportorientiere Branchen, die mit der Frankenstärke und schwindenden Margen zu kämpfen haben. Krisen wie in Libyen und Japan, steigende Energiepreise oder die ungelöste Schuldenkrise in der EU sind Risiken, die den Aufschwung gefährden können. Für den SAV ist es umso wichtiger, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen zu stärken und den Arbeitsmarkt vor neuen Belastungen zu schützen. Er begrüsst deshalb den Entscheid des Nationalrats, die Volksinitiative «6 Wochen Ferien für alle» zur Ablehnung zu empfehlen. Ein gesetzlicher Anspruch auf sechs Wochen ist unnötig, schränkt den Spielraum für sozialpartnerschaftliche Lösungen ein und führt zu höheren Arbeitskosten.

Keine gesetzlichen Mindestlöhne und Lohnobergrenzen
Kein Verständnis hat der SAV für staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik. Er lehnt die Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes entschieden ab, wie Vizepräsident Wolfgang Martz bekräftigte. Die Initiative will einen Mindestlohn von 4000 Franken pro Monat verankern und Bund und Kantone verpflichten, Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit Mindestlöhnen zu fördern. Solche Eingriffe sind mit einem flexiblen und weitgehend privat bestimmten System der Lohnfindung nicht vereinbar. «Die Festsetzung der Löhne muss dem Markt und den Sozialpartnern überlassen bleiben», forderte Wolfgang Martz. Die Sozialpartner sollen selber über Gesamtarbeitsverträge und Mindestlöhne bestimmen können. Gesetzliche Mindestlöhne von 4000 Franken bringen zudem die Lohnstrukturen in der Schweiz aus dem Gleichgewicht und wirken sich negativ auf Beschäftigung und Arbeitsplätze aus.

Auch die Festlegung von Lohnobergrenzen ist nicht vereinbar mit einer liberalen Wirtschaftsordnung. Der SAV lehnt deshalb die «1:12 – Initiative» ab, welche die Jungsozialisten lanciert haben. Sie will in der Verfassung verankern, dass der höchste Lohn in einem Unternehmen nicht höher sein darf als das 12-fache des tiefsten Lohnes. Ein solcher Eingriff in die Lohnpolitik der Firmen sei durch nichts zu rechtfertigen – auch nicht durch Fehlentwicklungen bei Managerlöhnen, erklärte Wolfgang Marz. Die Bestimmung der Löhne sei nicht Aufgabe des Gesetzgebers. Sie sei einzig in der Verantwortung der Eigentümer oder Aktionäre. Diese müssten selber für die gesellschaftliche Akzeptanz der Lohnstrukturen sorgen.

Keine unnötige Verschärfung des Kündigungsschutzes
Direktor Thomas Daum stellte fest, dass die Kündigungsfreiheit gegen neue Angriffe verteidigt werden müsse. «Denn nur ein liberales Arbeitsrecht», so Thomas Daum, «kann Stellen schaffen und erhalten.» Der SAV lehnt darum die Verschärfung des Kündigungsschutzes ab, die im Entwurf für die Revision des Arbeitsvertragsrechts (336 ff. OR) vorgeschlagen wird. Diese sieht vor, dass der Höchstbetrag von Entschädigungen bei missbräuchlichen oder ungerechtfertigten Kündigungen von sechs auf zwölf Monatslöhne erhöht wird. Zudem sollen Arbeitnehmervertreter/innen nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden können.

Die Verdoppelung des Höchstbetrags für Entschädigungen ist unbegründet. Die heutige Regelung reicht gemäss Gerichtspraxis aus, um missbräuchliche Kündigungen zu sanktionieren. Kommt dazu: Bereits sechs Monatslöhne sind für viele KMU eine grosse Belastung. Eine Erhöhung auf 12 Monate hätte laut Thomas Daum gravierende Folgen: «Viele Firmen würden wegen der Risiken sogar auf gerechtfertigte Kündigungen verzichten. Diese faktische Einschränkung der Kündigungsfreiheit ist klar abzulehnen.» Auch der Versuch, jede Entlassung von Arbeitnehmervertretern aus wirtschaftlichen Gründen zu verbieten, sei verfehlt. Im Extremfall könne der Arbeitgeber selbst dann nicht kündigen, wenn es gar keine Arbeit mehr gebe. Eine Gesetzesänderung würde zudem sozialpartnerschaftliche Lösungen bei Entlassungen verunmöglichen. Das sei der falsche Weg, so Thomas Daum: «Der Gesetzgeber sollte den Sozialpartnern den Vortritt lassen.»

Sanierung der Sozialwerke beschleunigen, Menschen mit Behinderung eingliedern
Statt den Arbeitsmarkt mit neuen Regulierungen einzuschränken, fordert der SAV die Politik auf, die nachhaltige Sanierung der Sozialwerke voranzutreiben. Mit der Revision der Arbeitslosenversicherung konnte eine wichtige Reform abgehakt werden. Bei der AHV, der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der beruflichen Vorsorge kommt der Reformprozess aber kaum voran. Angesichts der demografischen Herausforderungen ist eine Beschleunigung unabdingbar.

Immerhin hat das Parlament die erste Etappe der IV-Revision (6a), gegen die bereits das Referendum angekündigt wurde, verabschiedet. Ein zentrales Ziel dabei ist die «Eingliederung aus der Rente». Rund 17’000 Rentenbezüger sollen ins Erwerbsleben zurückgeführt werden. «Das ist sicher ein ambitiöses Ziel», erklärte Roland A. Müller, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Sozialpolitik. Aber die nötige Sanierung der hoch verschuldeten IV lasse keine andere Wahl. Damit das Ziel erreicht werden könne, müssten auch die Arbeitgeber ihren Beitrag leisten – mit neuen Integrationsmassnahmen wie Arbeitsversuchen und Auffanglösungen. Der SAV sei bereit, sich für die nötige Sensibilisierung aller Beteiligten einzusetzen, bekräftigte Roland A. Müller.