Leitzinserhöhung wirkt steigender Inflation und Kaufkraftverlust entgegen

16. Juni 2022 Meinungen
Von Simon Wey

Der Schweizerische Arbeitgeberverband begrüsst die Erhöhung des Leitzinses der Schweizerischen Nationalbank. So kann der steigenden Inflation und einem weiteren Absinken der Kaufkraft von Arbeitnehmern entgegengewirkt werden. Diesen Tatsachen müssten die Gewerkschaften auch bei der Höhe der Lohnforderungen Rechnung tragen. Wie negativ sich die heutige Leitzinserhöhung auf die konjunkturelle Situation auswirkt, bleibt abzuwarten.

Die Arbeitgeber begrüssen die Erhöhung des Leitzinses der Schweizerischen Nationalbank (SNB), notabene die erste Erhöhung seit 15 Jahren. Die SNB zeigt erstmals Bereitschaft, falls notwendig am Devisenmarkt zu intervenieren. Diese Schritte kommen mit Blick auf die geldpolitischen Entscheide der Notenbanken in den USA und in Grossbritannien sowie der Ankündigung einer strafferen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht ganz überraschend. Auch nahm der Druck auf die SNB vor dem Hintergrund der nach wie vor steigenden Teuerung spürbar zu. Es war zudem klar, dass die hohe zirkulierende Geldmenge der letzten Jahre eher früher als später reduziert werden und die Notenbanken eine Rückkehr zur geldpolitischen Normalität in die Wege leiten mussten. Denn mit der Tiefzinspolitik lebte die Schweizer Bevölkerung in den letzten Jahren über ihren Verhältnissen. So ist der Schritt der SNB auch vom Zeitpunkt her richtig, denn damit kann zum einen die hohe Teuerung adressiert und zum anderen das Risiko für ungesunde Zweitrundeneffekte wie Preiserhöhungen von Gütern und Dienstleistungen gesenkt werden.

Die Inflationsrate stieg von 1,6 Prozent im Januar auf 2,9 Prozent im Mai, und eine Wende hin zu sinkenden Inflationsraten ist zurzeit nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Mit dem Wert im Mai liegt sie auch höher als der von der SNB für die Preisstabilität vordefinierte Wert von 2 Prozent. Mit dem Entscheid der SNB ist zudem ein wichtiger Schritt getan, um die Inflation wieder in das vordefinierte Zielband der Preisstabilität zurückzuführen und der sinkenden Kaufkraft von Arbeitnehmenden entgegenzuwirken. Unter dem Eindruck der ansteigenden Inflation wurden von Gewerkschaftsseite teilweise Lohnerhöhungen gefordert, die den finanziellen Situationen in den Betrieben grösstenteils keine Rechnung tragen.

Was bleibt, ist die importierte Inflation aufgrund der hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie aufgrund der Lieferengpässe und der Friktionen in der internationalen Logistik. Folglich sind auch die Möglichkeiten zur Eindämmung der Inflation in der Schweiz beschränkt. Abschliessend ist zu bedenken, dass der heutige Entscheid der Nationalbank nicht kostenlos zu haben ist. Die Konsequenz dürfte eine Abkühlung der konjunkturellen Entwicklung in der Schweiz sein, deren Ausmass noch unklar ist.