Zum ersten Mal seit 1997, also seit sage und schreibe 25 Jahren, gelingt heute eine AHV-Reform. Oder zumindest eine, die diesen Namen verdient: Die zwischenzeitlichen, kosmetischen Änderungen und die STAF-Zusatzfinanzierung hatten mit einer echten «Reform» wenig zu tun. Diese lange Pause steht denn auch im deutlichen Kontrast zu den regelmässigen Aktualisierungen in Jahrzehnten zuvor. Zwischen ihrer Einführung 1948 und der Mitte der Neunzigerjahre wurde die erste Säule nicht weniger als zehn Mal revidiert. Das entspricht einem Durchschnitt von einer Reform alle fünf Jahre.
Wenn also der Blick am heutigen Abstimmungssonntag in die Zukunft geht, sollten wir uns nicht am Stillstand der letzten Jahre, sondern am Takt in den Zeiten zuvor orientieren. Ein Sozialwerk wie die AHV ist darauf angewiesen, regelmässig an die veränderten Gegebenheiten angepasst zu werden. Zu denken ist dabei an die demografischen Verwerfungen durch die Pensionierung der Babyboomer, die steigende Lebenserwartung oder neue Arbeitsmodelle und Erwerbsbiographien. Diese Herausforderungen müssen adressiert und mit konkreten politischen Vorlagen beantwortet werden.
Wer also gedacht hat, mit der heutigen Abstimmung sei die Altersvorsorge von der politischen Agenda verschwunden, hat sich arg getäuscht: In den kommenden Jahren könnten bis zu sechs weitere Vorlagen den Weg an die Urne finden. Neben der Reform der zweiten Säule gehören die Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die «Generationeninitiative» sowie die beiden Initiativen für eine 13. AHV Rente und die Verwendung der Nationalbankgelder auf Seiten der Gewerkschaften dazu. Hinzu kommt die nächste AHV-Reform, mit welcher das Parlament den Bundesrat bis Ende 2026 beauftragt hat.
Es wird somit nicht langweilig und das ist auch gut so. Inhaltlich gehen die Beurteilung der einzelnen Ideen naturgemäss auseinander. Für die Arbeitgeber steht weiterhin eine nachhaltige Sanierung der Altersvorsorge im Vordergrund. Mit welchen Mitteln dieses Ziel zu erreichen ist, wird sich zeigen – Hauptsache, es geht vorwärts. Wichtig ist das «Taktgefühl»: Es gilt, den Schwung des heutigen Sonntags zu nutzen und in einen regelmässigen Reform-Rhythmus zu kommen.