Auch wenn wir es öffentlich nur ungern sagen, blicken wir Schweizerinnen und Schweizer durchaus stolz auf die Errungenschaften unseres Landes. Dieser Stolz ist nicht unbegründet – man denke an die direkte Demokratie, das duale Bildungssystem oder auch die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Das Schweizer Vorsorgesystem genoss lange Zeit ebenfalls einen exzellenten Ruf; nun zeigt der kürzlich veröffentlichte Global Pension Index 2023, dass es im internationalen Vergleich jedoch längst nicht mehr mit den vordersten Rängen mithalten kann. Im Vergleich der Rentensysteme – in Bezug auf deren Nachhaltigkeit – rangiert es unter 47 Ländern gerade noch auf dem 11. Platz.
Länder mit nachhaltigeren Rentensystemen haben ein höheres Rentenalter
Der Hauptgrund ist unser im Vergleich mit den Spitzenreitern tiefes Rentenalter von 65 Jahren. Diesbezügliche Reformen haben es in der Schweiz schwer, auch wenn vor Kurzem immerhin die Anhebung des Rentenalters für die Frauen im Rahmen von «AHV21» beschlossen wurde. Mit zwei Ausnahmen liegt das Rentenalter aller Top-Ten-Länder[1] über dem der Schweiz, oder eine entsprechende Erhöhung wurde bereits beschlossen.
Das schlechte Abschneiden der Schweiz betreffend Nachhaltigkeit des Rentensystems erstaunt nicht: So steht die finanzielle Zukunft der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) seit längerem auf äusserst wackligen Beinen. Mit der Annahme der AHV21-Reform konnte die finanzielle Lage zwar kurzzeitig entschärft werden, aber Zeit zum Durchatmen bleibt keine: Bereits ab dem Jahr 2030 wird das wichtige Sozialwerk erneut rote Zahlen schreiben.
Der wesentliche Treiber hinter den finanziellen Verwerfungen in der AHV ist der voranschreitende demografische Wandel in Kombination mit der fortschreitenden Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation: Schweizer Bürgerinnen und Bürger leben heute deutlich länger als früher, wodurch die Renten-Bezugsdauer ansteigt. Zudem verlassen deutlich mehr Arbeitskräfte den Arbeitsmarkt als dass sie nachrücken.
Sozialwerke bedürfen Reformen entsprechend der veränderten Gegebenheiten
Sozialwerke wie die AHV sind darauf angewiesen, dass sie den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Dass zur nachhaltigen Finanzierung der AHV kein Weg an einer Erhöhung des Rentenalters vorbeiführt, ist hierzulande inzwischen allgemein bekannt. Eine Anhebung des Rentenalters ist überfällig, um der demografischen Entwicklung in der ersten Säule Rechnung zu tragen.
«Allgemein bekannt», aber dennoch bewegt sich nichts. Ein Blick auf die jüngere Vergangenheit zeigt, wie schwierig sich die Schweizer Bevölkerung mit einer Erhöhung des Rentenalters tut. Allein in den vergangenen 20 Jahren scheiterten 3 entsprechende Vorlagen jeweils vor dem Volk oder im Parlament. Nun folgt im März der nächste Anlauf: Die sinnvoll und logisch ausgestaltete Renteninitiative der Jungfreisinnigen bietet einen Ausweg aus dieser politischen Sackgasse.
Lösung: Kopplung des Pensionsalters an die Lebenserwartung
Die Reform sieht einen neuen Mechanismus vor, der andere Länder wie Dänemark, Finnland oder die Niederlande – so oder ähnlich – bereits kennen. Nach einer einmaligen Erhöhung des Rentenalters auf 66 Jahre würde dieses automatisch an die Lebenserwartung gekoppelt. Nicht nur die AHV, sondern die gesamte Altersvorsorge würde dank diesem Mechanismus künftig laufend mit der demografischen Entwicklung mithalten und damit eine nachhaltig gesunde Finanzierungslösung deutlich erleichtern.
Eine Studie der UBS hat gezeigt, dass die erste Säule dank der Renteninitiative auf Jahrzehnte hinaus stabilisiert werden könnte. Mit einem Ja am 3. März 2024 tut sich die Stimmbevölkerung gleich doppelt einen Gefallen. So würden die stetig wiederkehrenden Diskussionen über eine Erhöhung des Rentenalters in Zukunft verstummen, während das Schweizer Vorsorgesystem endlich die Chance erhielte, sich wieder auf die internationalen Spitzenplätze hervorzuarbeiten.
[1] Niederlande, Island, Dänemark, Israel, Australien, Finnland, Singapur, Norwegen, Schweden Vereinigtes Königreich