Als Sommerserie publiziert der Schweizerische Arbeitgeberverband einzelne Beiträge des kürzlich publizierten Jahresberichts in leicht gekürzter oder aktualisierter Form.
Die schweizerische Vorsorge baut auf drei Säulen auf, die sich einerseits gegenseitig ergänzen und andererseits der Sicherung unterschiedlicher Lebensrisiken dienen. Für die Arbeitgeber ist klar, dass sich dieses System bewährt hat. Reformen innerhalb der einzelnen Säulen sind jedoch dringend notwendig und müssen vorangetrieben, Ausbauwünsche hingegen unbedingt verhindert werden.
Vor knapp einem Jahr hat das Schweizer Stimmvolk «Ja» zur Reform AHV 21 gesagt und damit die Finanzierung der ersten Säule bis 2030 gesichert. Es war ein unschöner Abstimmungskampf: Im Vorfeld der Volksabstimmung ging die Linke schon früh zum Angriff über und zog in ihrer Argumentation alle Register: Vom Rentenklau gegenüber den Frauen bis hin zur totalen Verneinung eines dringenden Sanierungsbedarfs in der Altersvorsorge. Und dennoch reichten die Ja-Stimmen am 25. September, um endlich wieder Schwung in die seit rund 25 Jahren blockierten Reformversuche der 1. Säule zu bringen. Die Altersvorsorge verschwindet nach diesem wichtigen Meilenstein nicht von der politischen Agenda: In den kommenden Jahren könnten bis zu sechs weiteren Vorlagen den Weg an die Urne finden. Für die Arbeitgeber steht die finanzielle Stabilisierung der AHV auch nach diesem ersten Etappenerfolg klar im Vordergrund.
BVG: Mehrheitsfähige Lösung gefunden
Die BVG-Reform hinkt derjenigen der 1. Säule hinterher und verträgt ebenfalls keinen weiteren Aufschub mehr. Seit Anfang 2021 überprüften die zuständigen parlamentarischen Kommissionen verschiedene Vorschläge. Entsprechend arbeitete der Ständerat von Februar bis Dezember 2022 an der Vorlage und schuf diverse Differenzen zur grossen Kammer. In der Frühlingsession 2023 nahmen die Räte die Reform der zweiten Säule nun an. Auch wenn die Arbeitgeber nicht mit allen Bestimmungen einverstanden sind, werden damit die Ziele der dringend notwendigen Reform doch erreicht.
Unterstützungswürdige Renteninitiative
Die Volksinitiative der Jungfreisinnigen im Bereich der Altersvorsorge verdient die volle Unterstützung der Arbeitgeber: Das Rentenalter soll einmalig auf 66 Jahre erhöht und danach an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Neben den Massnahmen zur Stabilisierung der AHV enthält die Initiative mit diesem Automatismus ein neues und bisher einzigartiges Element. Gemäss Studie der UBS zum Thema könnte mit diesem Vorschlag die erste Säule auf Jahrzehnte hinaus und mit nur einem Volksentscheid stabilisiert werden. Das vorgeschlagene Modell würde neben den positiven Auswirkungen auf die Sozialversicherungen auch einen erheblichen Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels leisten, in dem Arbeitnehmende länger im Arbeitsmarkt wirken würden. Die Arbeitgeber zeigen sich umso enttäuschter darüber, dass Parlament und Bundesrat die Initiative ablehnen. Das letzte Wort hat nun das Stimmvolk, welches nächstes Jahr sowohl über die BVG-Reform als auch die Renteninitiative abstimmen wird.
Initiative für eine 13. AHV-Rente brandgefährlich
Ebenfalls zur Abstimmung kommt nächstes Jahr die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente. Diese wurde im Frühling 2020 vom Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) lanciert. Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) war von Anfang an klar: Die AHV muss dringend reformiert und stabilisiert werden, anstatt ihre unterfinanzierten Leistungen noch weiter auszubauen. Der Bevölkerung eine 13. AHV-Rente zu versprechen, obwohl die erste Säule ein immer grösser werdendes Finanzloch aufweist, ist schlicht unseriös. Die Arbeitgeber nutzten die Gelegenheit, die wichtigsten Ziele und Massnahmen für eine ausgewogene «AHV-Reform in Etappen» darzulegen: Nach dem Erfolg der AHV 21 hat der Bundesrat gemäss Auftrag des Parlaments bis Ende 2026 Zeit, eine nächste Reform vorzulegen. In der Wintersession wurde die Initiative für eine 13. AHV-Rente im Nationalrat schliesslich zur Genugtuung der Arbeitgeber von einer klaren Mehrheit abgelehnt. Diesem Entscheid schlossen sich Anfang 2023 auch die zuständige ständerätliche Kommission und in der Frühlingssession ihr Rat an. Für undifferenzierte Rentenerhöhungen nach dem Giesskannenprinzip fehlt nicht nur der politische Wille, sondern auch der finanzielle Spielraum. Dies zeigt überdies auch ein Bericht der Bundesverwaltung, gemäss welchem das kumulierte Defizit der AHV ohne Gegenmassnahmen bis 2050 rund 100 Milliarden Franken betragen würde. Der SGB lancierte zwischenzeitlich gar eine weitere Volksinitiative – «Nationalbankgewinne für eine starke AHV (SNB–Initiative)» – diesmal mit dem Ziel, die Gewinne der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in die AHV umzuleiten. Dieser jeglicher Finanzierungslogik entbehrende Vorschlag fand schon mehrmals den Weg ins Parlament, mit Blick auf die dahingeschmolzenen Reserven der Nationalbank Ende 2022 mussten es die Gewerkschaften diesmal aber selber eingestehen: Die Idee ist nicht umsetzbar, entsprechend stoppte die Linke die Unterschriftensammlung zur Freude der Arbeitgeber frühzeitig.