Sukkurs für ein präzisiertes EU-Marktzugangsabkommen

5. März 2018 Medienmitteilungen

Der Bundesrat hat die Stossrichtung seiner Europapolitik weiter präzisiert. Dabei hat er einen Ausweg zu den festgefahrenen Verhandlungen um eine Streitbeilegung skizziert, der beim Schweizerischen Arbeitgeberverband auf Zuspruch stösst. Der Dachverband ist sich mit dem Bundesrat zudem einig, dass die Personenfreizügigkeit mitsamt den Flankierenden Massnahmen nicht zur Diskussion stehen.

Die Europäische Union wird auf absehbare Zeit der wichtigste Wirtschaftsraum für die Schweiz bleiben. Geregelte und verlässliche Beziehungen mit dem Staatenverbund sind deshalb für den Wohlstand unseres Landes von grosser Tragweite. Nach Ansicht des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) braucht es dafür ein Rahmenabkommen, das einen hindernisfreien Marktzugang in die EU und vor allem Rechtssicherheit garantiert. Ein solches Marktzugangsabkommen muss allerdings auch innenpolitisch abgestützt sein und in einer Volksabstimmung überzeugen. Darum zählt für den Dachverband primär die Qualität des Verhandlungsergebnisses statt das Tempo, selbst wenn in diesem Jahr offensichtlich ein limitiertes Zeitfenster für Verhandlungen offensteht. Insofern begrüsst die Wirtschaft auch, dass der Bundesrat rasch, aber separat ein Stromabkommen aushandeln will.

Für den Verhandlungserfolg mit der EU wird ausschlaggebend sein, dass ein in der Schweiz mehrheitsfähiges Streitschlichtungsverfahren gefunden wird, das den bestehenden gemischten Ausschuss ergänzt. Dabei können die Arbeitgeber im Grundsatz unabhängige Schiedsgerichte akzeptieren. Ebenso wenig sträubt sich der SAV gegen eine vom Bundesrat angestrebte dynamische Rechtsübernahme. Weil damit keine automatische Übernahmepflicht verbunden ist, wird das ordentliche Schweizer Gesetzgebungsverfahren samt Referendum respektiert.

Nicht gerüttelt werden darf dagegen an den Bilateralen Verträgen und namentlich an einem der Teilabkommen: der Personenfreizügigkeit. Sie hat sich nachweislich bewährt und die Innovationskraft unseres Landes gestärkt. Ohne die Personenfreizügigkeit würde es bedeutend schwieriger und bürokratischer, Fachkräfte zu finden. Auf dieses Fachwissen aus Europa ist der vergleichsweise kleine Werk- und Wissensplatz Schweiz angewiesen, der seine Produkte und Dienstleistungen häufig in spezialisierten Nischen verkauft. Zudem wird sich der Fachkräftemangel im Inland wegen der Pensionierungswelle in den kommenden Jahren zuspitzen. Dass sich der Wettbewerb um Fachkräfte in ganz Europa verstärkt, spiegelt sich überdies in den rückläufigen Zuwanderungszahlen in die Schweiz.

Für die Wirtschaft ist schliesslich essenziell, dass der Bundesrat die «roten Linien» bei den Sozialversicherungen und den Flankierenden Massnahmen (FlaM) bestätigt hat. Die FlaM sind ein wirksames arbeitsmarktliches Gegenstück zum freien Personenverkehr. Seit ihrem Inkrafttreten im Juni 2004 hat die Zuwanderung nicht zu einer Verdrängung von inländischen Arbeitskräften durch ausländische geführt. Zugleich ist die ohnehin schon hohe Erwerbstätigenquote weiter gestiegen. Und die Löhne sind am unteren Lohnband, in der Mitte und oben weitergewachsen. Angesichts dieser Erfolgsgeschichte stehen die Arbeitgeber weiterhin für das bestehende FlaM-Regelwerk mit den geltenden Vorschriften zu den hiesigen Lohn- und Arbeitsbedingungen ein. Ein Ausbau des Schutzniveaus ist hingegen abwegig. Die Arbeitgeber wehren sich indessen auch gegen eine Abschaffung der FlaM, wie sie Kreisen der EU vorschwebt.

Weitere Auskünfte

  • Roland A. Müller, Direktor Schweizerischer Arbeitgeberverband, Tel. 079 220 52 29, mueller@arbeitgeber.ch
  • Valentin Vogt, Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband, Tel. 079 634 12 10, vogt@arbeitgeber.ch