Betriebe strecken sich bei Lohnerhöhungen nach der Decke

14. November 2022 News

Die Nominallohnerhöhungen werden die überraschend stark gestiegene Inflation in vielen Branchen nicht vollständig kompensieren. Dennoch darf man mit dem Resultat des so genannten «Lohnherbstes» zufrieden sein. Trotz wirtschaftlicher Abkühlung und geopolitischer Unsicherheiten haben viele Betriebe und Branchen substanzielle Lohnerhöhungen beschlossen.

Gemäss neuster Umfrage der UBS werden die Löhne in diesem Jahr um durchschnittlich 2,2 Prozent steigen. Das Umfrageergebnis zeigt, dass die Teuerung auf gesamtwirtschaftlicher Ebene wohl nicht ausgeglichen werden kann. Bereits eine frühere Umfrage der Konjunkturforschungsstelle (KOF) konnte erahnen lassen, dass der finanzielle Spielraum in vielen Unternehmen zu klein ist, um die Teuerung auszugleichen.

Würdigt man die 2,2 Prozent Lohnerhöhung aus der UBS-Umfrage vor dem Hintergrund der grossen Herausforderungen in den Betrieben, so ist diese ansehnlich. Dass sich die Betriebe damit nach der Decke strecken müssen, zeigt auch der Umstand, dass sie trotz des stark akzentuierten Arbeitskräftemangels die Teuerung nicht in allen Branchen ausgleichen können. Die Schätzungen der UBS zeigen auch, wie wertvoll die sozialpartnerschaftlichen Lohnverhandlungen in den Branchen sind, denn dadurch kann den wirtschaftlichen Gegebenheiten in den Branchen gezielt Rechnung getragen werden.

Die Arbeitnehmer profitierten in den letzten Jahren zudem oft von einer negativen Teuerung, was in den letzten zehn Jahren zu einem ansehnlichen durchschnittlichen Reallohnwachstum von 0,8 Prozent führte.

Nachdem viele Betriebe in unterschiedlichsten Branchen während der Corona-Pandemie vor existenzielle Fragen gestellt waren, führte die Aufhebung vieler Corona-Massnahmen und die damit einhergehende konjunkturelle Aufhellung kurzzeitig zu einer Atempause bei den Betrieben. Rasch zeigte sich jedoch, dass die in vielen Ländern gleichzeitig erfolgte Erholung der Konjunktur die Suche nach Arbeitskräften erschwerte. Ebenfalls kämpften die Betriebe als Folge der international stark erhöhten Nachfrage mit Lieferengpässen, ein Problem, dass durch das restriktive Corona-Regime in China zusätzlich verstärkt wurde. Und als wären dies nicht genug der Herausforderungen startete Russland Ende Februar auch noch einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der unter anderem Verwerfungen der Energiepreise zur Folge hatte.

Der Kaufkraftverlust zeichnete sich bereits im Verlaufe des Jahres ab, waren und sind doch die Herausforderungen der Unternehmen so gross wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Trotz guter Auftragslage verunmöglichten die Lieferengpässe in den Betrieben oftmals die Fertigstellung und die Auslieferung von Endprodukten. Zudem drückten die höheren Preise als Folge einer importierten Inflation auch bei den Betrieben auf die Margen und somit den Spielraum für Lohnerhöhungen. Zwischenzeitlich hat sich zudem die konjunkturelle Lage spürbar verschlechtert und die Unsicherheit vor dem Hintergrund der drohenden Energiemangellage ist in vielen Betrieben gross. Was trotz wirtschaftlicher Abkühlung bestehen bleibt, ist der Bedarf an Arbeitskräften, der die Besetzung von offenen Stellen in vielen Betrieben erschwert bis verunmöglicht.