Schlechte Noten für AHV-Reform des Bundesrats

12. Oktober 2018 Vernehmlassungen

Der Vorschlag des Bundesrats zur Reform der AHV hat bei den Arbeitgebern vielfaches Kopfschütteln ausgelöst. Um die AHV-Leistungen auf bisherigem Niveau zu sichern, müsste die Landesregierung die strukturellen Probleme der umlagefinanzierten AHV schrittweise lösen. Stattdessen will sie über happige Steuererhöhungen an das Portemonnaie der Bürger.

Die Kritik an den Reformvorschlägen des Bundesrats zur Stabilisierung der defizitären AHV sind vielstimmig und unüberhörbar. Die über 80 Mitgliedsverbände, die der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) im Rahmen der Vernehmlassung zur neuen AHV-Reform konsultiert hat, haben derart viele Angriffspunkte und Schwachstellen geortet, dass der neue Reformanlauf als misslungen bezeichnet werden muss. Dass dem Bundesrat aus der Wirtschaft jetzt so viel Unverständnis entgegenschlägt, ist bedauerlich, denn aus der an der Urne gescheiterten Reform der Altersvorsorge 2020 (AV 2020) hätten an sich genügend Lehren gezogen werden können.

Stossend ist für die Arbeitgeber zuallererst, dass der Bundesrat die AHV – wie bereits bei der AV 2020 – praktisch ausschliesslich mit einer massiven Finanzspritze von 1,5 Mehrwertsteuerprozenten aus den roten Zahlen führen will. Damit sollen rund 90% der sich in den nächsten Jahren auftürmenden Defizite aufgefangen werden. Als strukturelle Massnahme ist hingegen bloss die Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre vorgesehen, wobei mit sogenannten Ausgleichsmassnahmen allerdings der Sanierungseffekt sogleich wieder zu einem schönen Teil aufgehoben werden soll. Trotz massiver Zusatzfinanzierung wird sich die Schieflage der AHV indessen nicht nachhaltig verbessern. Im Gegenteil: Wegen der alternden Gesellschaft wird unser wichtigstes Sozialwerk bereits im Jahr 2030 erneut ein Umlagedefizit von 2 Mrd. Fr. schreiben, das bis 2035 auf 6 Mrd. Fr. anschwillt. Um dieses Loch mit zusätzlichen Geldern zu stopfen, wären nochmals satte 1,5 Mehrwertsteuerprozente notwendig.

Der SAV lehnt eine solche, im Kern auf Zusatzeinnahmen beruhende Sanierung als unverantwortlich für die Wirtschaft, unzumutbar für den Mittelstand und ungerecht insbesondere für die jüngeren Generationen ab. Der Dachverband setzt sich weiterhin mit Nachdruck für eine strukturelle Reform in verdaubaren Portionen statt für Steuererhöhungen auf Vorrat ein. In einem ersten Reformschritt soll dabei die AHV-Finanzierung bis Mitte der 2020-er Jahre stabilisiert werden. In einer nächsten Etappe soll das Rentenalter schrittweise, aber dosiert erhöht werden.

Nach dem Willen des SAV sind für die Stabilisierung der AHV in der ersten Reformphase eine Angleichung des Rentenalters von Frau und Mann in vier Schritten auf 65/65 nötig, die mit Inkraftsetzung der Vorlage beginnt. Der SAV ist trotz Widerstands aus den eigenen Reihen bereit, die Erhöhung des Frauenrentenalters für die ersten vier betroffenen Jahrgänge finanziell abzufedern. Ausserdem schliesst auch der SAV eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht kategorisch aus. Die Zusatzbelastung beträgt allerdings im SAV-Konzept lediglich noch 0,6 Prozentpunkte statt 1,5 Prozentpunkte, die dem Bundesrat vorschweben. Die Steuererhöhung kann schliesslich nochmals halbiert werden, wenn das Stimmvolk die AHV-Steuer-Vorlage annimmt, in der bereits ein Mehrwertsteuer-Zuschuss von 0,3 Prozentpunkten zugunsten der AHV enthalten ist. Das Konzept setzt jedoch voraus, dass die Erhöhung des Frauenrentenalters und die Zusatzfinanzierung entgegen dem Vorschlag des Bundesrats rechtlich gekoppelt werden.

Für den SAV ist die Flexibilisierung des Rentenbezugs zwar nicht vordringlich. Die Arbeitgeber unterstützen aber nicht zuletzt aufgrund des sich in den nächsten Jahren verschärfenden Fachkräftemangels sämtliche Bestrebungen, die das freiwillige Arbeiten über das ordentliche Rentenalter hinaus fördern. Bedauerlicherweise sind die Vorschläge des Bundesrats in dieser Hinsicht wenig durchdacht, machen sie doch nicht nur den Vorbezug einer Rente attraktiver, sondern fördern auch eine Erberbstätigkeit nach der Pensionierung kaum. Der SAV fordert darum eine Erhöhung des AHV-Freibetrags für Erwerbseinkommen nach der ordentlichen Pensionierung von monatlich 1400 Fr. auf 2000 Fr. Zudem sollen steuerliche Anreize für eine freiwillige Weiterarbeit nach der Pensionierung geprüft werden.