Reform-Schlüssel Rentenalter

14. Januar 2013 Meinungen

Die Leitlinien des Bundesrats zur Reform der Altersvorsorge gehen in die richtige Richtung. Nötig ist aber auch die sukzessive Anhebung des Rentenalters.

In seinen «Leitlinien der Reform der Altersvorsorge 2020» anerkennt auch der Bundesrat offiziell den Handlungsbedarf in der ersten und zweiten Säule. Damit stellt er sich klar gegen jene linken und gewerkschaftlichen Kreise, welche die absehbare, drastische Verschlechterung der AHV-Rechnung in den kommenden Jahren und die Probleme in der beruflichen Vorsorge verdrängen wollen. Mit rabulistischer Detailkritik an den Perspektiven-Rechnungen für die AHV, mit unvollständigen Aussagen zur historischen Entwicklung des AHV-Haushalts und mit dem Hinweis auf die aktuelle Börsenhausse versuchen die «Verharmloser» einen Negativ-Trend wegzureden, der sich nicht leugnen lässt. Die Leichtfertigkeit dieser Position wird vollends deutlich, wenn ihre Vertreter gleichzeitig eine Erhöhung der AHV-Renten um zehn Prozent verlangen, was über 3,6 Milliarden Franken kosten würde.

Der Bundesrat richtet seine Leitlinien auf das Ziel aus, das Leistungsniveau der ersten und zweiten Säule zu erhalten. Dem kann aus sozial- und wirtschaftspolitischen Überlegungen grundsätzlich zugestimmt werden. Gleichzeitig ist aber darauf hinzuweisen, dass dieses Ziel mit Kosten verbunden ist, die nicht ohne Weiteres den Arbeitgebern und den Versicherten über Beitragserhöhungen oder den Steuerzahlern mit staatlichen Zuschüssen aufgebürdet werden können. Der wichtigste Hebel, um das Spannungsverhältnis zwischen Leistungsstabilität und Kostenbeschränkung zu entschärfen, ist die Anhebung des Rentenalters. Wenn die Menschen länger arbeiten, dann verringert sich der zusätzliche Finanzierungsbedarf, um die heutigen Renten auch künftig bezahlen zu können. Das gilt für die AHV ebenso wie für die zweite Säule.

Auch die bundesrätlichen Leitlinien setzen auf Anpassungen beim Rentenalter. Erstens soll im künftigen flexiblen Pensionierungssystem für Männer und Frauen dasselbe Referenz-Rentenalter von 65 Jahren gelten. Zweitens schlägt der Bundesrat Massnahmen vor, um das effektive Rücktrittsalter so stark wie möglich an das Referenz-Rentenalter anzunähern. Beide Reformelemente sind richtig und wichtig – sie gehen aber zu wenig weit. Um die zusätzlichen Kosten für die Erhaltung des Leistungsniveaus in einem tragbaren Rahmen zu halten, muss eine sukzessive Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 67 Jahre ins Auge gefasst werden.

Auch die Unternehmen sind gefordert
Diese Forderung wird – nicht nur vom Bundesrat – mit der Begründung abgelehnt, der Arbeitsmarkt biete älteren Arbeitnehmern zu wenige Beschäftigungsmöglichkeiten. Das mag in manchen Fällen heute zutreffen, und eine Reform der Altersvorsorge zulasten der Arbeitslosen- oder der Invalidenversicherung wäre natürlich pervers. Bis aber nach einer entsprechenden Gesetzesrevision das Referenz-Rentenalter in Schritten von ein bis zwei Monaten pro Jahr auf 67 Jahre angehoben sein wird, dauert es noch bis tief in die 2020er-Jahre. Dann werden wegen der Verknappung des Arbeitskräfte-Angebots auch ältere Arbeitnehmer gesucht sein. Die demografische Entwicklung verlangt eben nicht nur Anpassungen in der Altersvorsorge, sondern auch Verhaltensänderungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt. Und: Die Unternehmungen müssen realisieren, dass sie künftig zu den Verlierern zählen, wenn sie das Arbeiten mit älter werdenden Belegschaften nicht bald als strategische Herausforderung angehen.