Die AHV geht uns alle an

Das wichtigste Sozialwerk der Schweiz steht vor gewaltigen Herausforderungen. Die Neurentner nehmen in den nächsten 20 Jahren um über 1 Million zu. Gleichzeitig verdoppeln sich die Ausgaben der AHV auf gegen 80 Milliarden Franken pro Jahr.

Kamen 1948, im Gründungsjahr der AHV, noch 6,5 Aktive für einen Pensionär auf, werden 2035 gerade einmal 2,3 Erwerbstätige eine AHV-Rente finanzieren müssen. Dies strapaziert die Generationensolidarität und sorgt dafür, dass in der AHV-Kasse 2035 ein Finanzierungsloch von gegen zehn Milliarden Franken klafft.

Diese Zahlen zeigen, dass die am 19. Mai vom Stimmvolk beschlossene Zusatzfinanzierung von 2 Milliarden Franken nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist. Der Bundesrat muss deshalb noch diesen Sommer die Botschaft zur AHV-Reform dem Parlament überweisen, damit sie spätestens 2022 in Kraft treten kann. Denn: Je später die Reform in Kraft tritt, desto einschneidender fallen die Massnahmen für Herrn und Frau Schweizer sowie die Wirtschaft aus, um das jetzige Rentenniveau zu sichern.

Doch wie soll unser grösstes Sozialwerk nachhaltig gesichert werden? Wir müssen – wie früher – in Etappen denken und dürfen keine Massnahmen auf Vorrat beschliessen. Weder ein Rentenalter 67 noch eine übermässige Erhöhung der Mehrwertsteuer sind jetzt politisch mehrheitsfähig. Gefragt ist ein ausgewogener Mix von strukturellen Massnahmen und Zusatzeinnahmen für die AHV. Die erste Reformetappe soll sich auf eine moderate Mehrwertsteuererhöhung sowie die schrittweise Angleichung des Frauenrentenalters an jenes der Männer konzentrieren. Damit kann die AHV über das Jahr 2025 hinaus schwarze Zahlen schreiben. Wir müssen aber der Realität ins Auge schauen: In einer nächsten Reformetappe nach Mitte der 2020er-Jahre kommen wir nicht mehr um das Tabuthema einer allgemeinen Rentenaltererhöhung herum.

 

Getreu dem Solidaritätsmotto der AHV müssen für die Altersvorsorge alle ihren Beitrag leisten.

Getreu dem Solidaritätsmotto der AHV müssen für die Altersvorsorge alle ihren Beitrag leisten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband zählt dabei auch auf den Einsatz seiner Mitglieder: Sie können noch mehr attraktive und flexible Arbeitsmodelle für ihre Fachkräfte anbieten, sodass sie vermehrt über das heutige Rentenalter weiterarbeiten können und wollen. Gleichzeitig ist der Bund in der Pflicht, für positive Anreize zu sorgen, damit sich die Erwerbstätigkeit auch für Rentner lohnt. Er kann dies einfach mit einer längst überfälligen Erhöhung des Freibetrags für erwerbstätige AHV-Bezüger sowie mit einer attraktiven Besteuerung von berufstätigen Menschen im AHV-Alter tun. Arbeit soll sich auch für Rentner lohnen.

Die Kolumne von Valentin Vogt ist in der «Zürichsee-Zeitung» erschienen.