BVG Reform biegt auf Zielgerade ein

13. Dezember 2022 News

Nach rund einjähriger Beratung verabschiedet der Ständerat die Reform der zweiten Säule. Dabei schafft er an mehreren Stellen Differenzen zu den bisherigen Vorschlägen – insbesondere, um die Rentensituation der Frauen zu verbessern. Die Arbeitgeber erinnern daran, dass die Vorlage nun keinen weiteren Aufschub mehr verträgt.

Zunächst sah es so aus, als könnte der Ständerat die Reform der beruflichen Vorsorge schon im Sommer einen Schritt weiterbringen. Seine Kommission legte ein neues Ausgleichsmodell vor, das allerdings kurzfristig durch einen Einzelantrag ergänzt wurde. Wohl aus diesem Grund führte die kleine Kammer in der Sommersession zwar die Eintretensdebatte durch – erwartungsgemäss von allen Parteien unbestritten – schickte die Vorlage im Anschluss aber zur erneuten Beratung an die Kommission zurück.

In der letzten Woche der Wintersession führte der Ständerat nun die inhaltliche Beratung des gross angelegten Reformvorhabens zu Ende. Dabei schien sich die weitere Kommissionsarbeit durchaus gelohnt zu haben: Der Rat akzeptierte eine leicht angepasste Version des ursprünglichen Einzelantrags und folgte an den übrigen Stellen den bereits im Sommer präsentierten Kommissionsbeschlüssen. Da die Vorlage von den Beschlüssen des Schwesterrates abweicht, folgt nun das ordentliche Differenzbereinigungsverfahren.

Im Vergleich zu den Vorarbeiten des Bundesrates und den Beschlüssen des Nationalrates fallen insbesondere drei Anpassungen des Ständerates auf: Erstens will er, wie schon die grosse Kammer, die sogenannte Eintrittsschwelle reduzieren. Mit dieser wird festgelegt, ab welchem Lohn Arbeitnehmende überhaupt in der zweiten Säule versichert sind. Konkret soll diese Schwelle um rund 4000 Franken (17’208 CHF) reduziert werden, wovon insbesondere Versicherte in Teilzeitanstellungen und Niedriglohnbranchen profitieren. Zweitens soll der Koordinationsabzug auf 15 Prozent des AHV-pflichtigen Lohnes gesenkt werden, wodurch ein höherer Teil des Lohnes in der beruflichen Vorsorge versichert wird. Dabei geht der Ständerat sogar über die bisherigen Entscheide des Bundes- und des Nationalrats hinaus. Davon dürften wiederum insbesondere Frauen profitieren, da diese in den vorgenannten Anstellungsverhältnissen stärker vertreten sind.

Drittens schlägt der Ständerat ein neues Ausgleichsmodell für die Versicherten von 15 Jahrgängen in der Übergangsgeneration vor: Im Kern sollen diejenigen Bezügerinnen und Bezüger einer neuen BVG-Rente eine lebenslange Erhöhung erhalten, die ein vergleichsweise tiefes Sparkapital aufweisen. Auch davon sind überdurchschnittlich stark Personen mit Teilzeitanstellungen, Mehrfachbeschäftigungen oder Erwerbsunterbrüchen betroffen. Ersten Schätzungen zufolge dürften rund drei Viertel aller Frauen, die aktuell eine neue Rente aus der beruflichen Vorsorge erhalten, von diesen Massnahmen profitieren. Wie die Debatte zeigt, scheint der Ständerat die im Rahmen der AHV-Abstimmung gemachten Versprechungen, die Rentensituation der Frauen in der zweiten Säule unmittelbar zu verbessern, durchaus ernst gemeint zu haben.

Für die Arbeitgeber steht im Vordergrund, dass die Vorlage nun rasch durch das Differenzbereinigungsverfahren gebracht wird. Trotz Anstieg des Zinsniveaus sind insbesondere Vorsorgeeinrichtungen, die nahe am gesetzlichen Leistungsminimum operieren, durch die Börsenkorrekturen stark unter Druck geraten. Entsprechend wird der Arbeitgeberverband die Beschlüsse der kleinen Kammer nun intern analysieren und im Anschluss entscheiden, ob er die Vorlage auch in der veränderten Form unterstützen kann.