Wirtschaft und Kantone finden beim Bundesrat wenig Gehör

19. März 2021 News

Dass der Bundesrat frühestens in einem Monat weitere Öffnungsschritte beschliesst, ist angesichts der breiten Kritik in den Konsultationen enttäuschend. Unverständlich ist, dass er der Wirtschaft in der Zwischenzeit keine klaren Perspektiven aufzeigen will. Für die Arbeitgeber bleibt entscheidend, dass rascher als bisher getestet und geimpft werden kann. Im Gegenzug ist die Home-Office-Pflicht aufzuheben.

Im Hinblick auf Ostern ermöglicht der Bundesrat ab dem 22. März, dass sich im Familien- und Freundeskreis maximal zehn anstatt wie bisher fünf Personen in Innenräumen treffen. Abgesehen davon verzichtet er auf weitere Öffnungsschritte und appelliert an den Durchhaltewillen der Bevölkerung. Gemäss dem Bundesrat mahnen die wieder steigenden Ansteckungszahlen weiterhin zur Vorsicht. Zudem sollen genügend Selbsttests erst anfangs April zur Verfügung stehen, um sich zu Hause testen zu können.

Mit dem Verzicht auf weitere Lockerungen erhofft sich die Landesregierung, die gute Ausgangslage für die Impfkampagne in den nächsten Monaten und für einen nächsten Öffnungsschritt nach Ostern zu erhalten. Es verstreicht allerdings unverständlicherweise wieder ein Monat, bis am 14. April über das weitere Vorgehen entschieden wird. Dabei stützt sich der Bundesrat auf das Massnahmenpaket, das er vor einer Woche in Konsultation gegeben hat.

Mit diesem restriktiven Kurs kommt der Bundesrat den Kantonen und der Wirtschaft kaum entgegen. In der Konsultation sprach sich eine klare Mehrheit der Kantone für eine schrittweise Öffnung mit flankierenden Massnahmen aus. So unterstützten alle Kantone die Öffnung der Restaurantterrassen ab dem 22. März, und die Hälfte der Kantone favorisierte daneben die Öffnung der Innenbereiche.

In zahlreichen Stellungnahmen, darunter auch jener des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), wurden darüber hinaus weitergehende Öffnungsschritte gefordert. Enttäuscht ist der SAV besonders, dass der Bundesrat erneut auf die Aufhebung der Home-Office-Pflicht verzichtet, deren Wirkung gering ist. Nach Ansicht des SAV ist zur Bekämpfung der Pandemie entscheidend, mit intensivem Testen – auch in den Unternehmen – die Infektionsherde gezielt zu finden und mit raschem Impfen das Gesundheitswesen zu entlasten.

Etwas Licht ins Dunkel bringt der Bundesrat zu den Kriterien, die er bei etwaigen Verschärfungen heranziehen will. Er hat dazu ein Modell mit drei Phasen skizziert. Die darin enthaltenen Richtwerte sind insofern flexibel, als sie am jeweiligen Stand der Geimpften in der Schweiz angepasst werden. Der SAV forderte den Bundesrat mehrfach auf, seine Entscheide prinzipienbasiert und abhängig von der Durchimpfung der Bevölkerung zu fällen.

Ferner hat der Bundesrat gegenüber den Medien betont, dass er bei der finanziellen Unterstützung stets einen Mittelweg gesucht habe. Diese Strategie floss auch in das soeben revidierte Covid-19-Gesetz ein. Darin ist festgehalten, dass die Regierung ihre Strategie auf «die mildest- und kürzestmögliche Einschränkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens» ausrichten muss. Mit dem heutigen Entscheid scheint der Bundesrat von dieser Strategie abzurücken.