Die Erfolgsquote der eidgenössischen Räte in den zentralen Dossiers der aktuellen Legislatur – Energie, Europa, Vorsorge – ist bisher eher bescheiden. Umso höher dürfte der Druck auf die sozialpolitische Kommission des Nationalrats sein: Mit der AHV- und der BVG-Revision stehen gleich zwei der grössten Baustellen der Altersvorsorge auf ihrer Liste. Bei der bereits weit fortgeschrittenen AHV-Reform steht die Differenzbereinigung zum Ständerat im Vordergrund. Wie die Kommission mitteilt, will sie dabei an ihrer bisherigen Position weitestgehend festhalten, auch wenn sie die Beratungen noch nicht abgeschlossen hat.
Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) ist insbesondere der weiterhin geplante Griff in die Kasse der Nationalbank völlig verfehlt. Eine derartige Massnahme würde de facto nicht nur einer reinen Zusatzfinanzierung gleichkommen. Sie wäre auch geldpolitisch deplatziert: Aufgrund der zwingenden Unabhängigkeit der Nationalbank sind die entsprechenden Zahlungsströme durch den Bund nicht kontrollierbar und eignen sich somit schon aus grundsätzlichen Überlegungen nicht für die Sanierung eines Sozialwerks. Ähnlich verhält es sich mit dem Vorschlag, die Ausgleichsmassnahmen für die von der Angleichung des Rentenalters betroffenen Frauen von der Bemessung der Ergänzungsleistungen auszunehmen. Damit würde nicht nur eine Zweiklassengesellschaft geschaffen, sondern auch die ursprüngliche Idee einer ergänzenden Leistung zur Erreichung eines bestimmten Rentenniveaus ad absurdum geführt. Ob unter diesen Vorzeichen die Vorlage in der Wintersession an die Räte zur Finalisierung überwiesen werden kann, bleibt fraglich.
An einem ganz anderen Ort stehen die Beratungen zur Reform der zweiten Säule. Hier hatte der Bundesrat einen Vorschlag in seiner Botschaft übernommen, den die Arbeitgeber zusammen mit den Gewerkschaften erarbeitet hatten. Bei ihrer dritten Lesung hat die Kommission nun verschiedene Anpassungen beschlossen und die Vorlage verabschiedet. Während der zentrale Reformschritt, die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes zur Bestimmung der Rentenhöhe im BVG-Obligatorium von 6,8 auf 6,0 Prozent unbestritten scheint, dreht die Kommission an zwei gewichtigen Stellschrauben. Einerseits will sie das Leistungsmodell für die Renten der zukünftigen Vorsorgegenerationen anpassen. Anderseits hat die Kommission ein alternatives Modell entwickelt, um die Leistungseinbussen jener Jahrgänge abzufedern, die unmittelbar von der Reduktion des Mindestumwandlungssatzes betroffen sind. Das vorgeschlagene Modell reduziert den Bezügerkreis gegenüber der ursprünglichen Vorlage jedoch deutlich. An der zentralen Finanzierung der Ausgleichsmassnahmen über den Sicherheitsfonds BVG, wie sie bereits im Vorschlag der Sozialpartner zu finden war, hält die Kommission zwar fest, reduziert allerdings den finanziellen Umfang der Beiträge deutlich.
Aus Sicht des SAV vermögen diese Beschlüsse noch nicht vollständig zu überzeugen. Während die Vorlage im Leistungsmodell massiv verteuert wird, sollen die Kosten der Übergangsgeneration deutlich eingeschränkt werden. Störend ist dies auch deshalb, weil die Wirkung der Massnahmen zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten würde. Während Anpassungen im Leistungsmodell ihre volle Kraft erst in 30 bis 40 Jahren entfalten, sind die positiven Auswirkungen der Übergangsvorschriften sofort spürbar. Dieser Unterschied dürfte nicht zuletzt auch für die Akzeptanz der Vorlage bei den Versicherten entscheidend sein. Und an dieser Stelle herrscht unter den Arbeitgebern Einigkeit: Der Druck, die berufliche Vorsorge nach einer jahrzehntelangen Blockade endlich einen Schritt vorwärts zu bringen, ist ungebrochen hoch.