Sozialpartnerschaft in Zeiten des Coronavirus

1. April 2020 Meinungen News

Das Coronavirus stellt die Arbeitswelt völlig auf den Kopf. In dieser ausserordentlichen Krisensituation wird der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden zum kategorischen Imperativ. Der Staat wird um Hilfe gerufen zur Rettung der Arbeitsplätze, zur Sicherung der Gehälter und zur Deckung des Liquiditätsbedarfs der Unternehmen. Wie steht es aber jetzt, da der Staat in diesen Bereichen die Hauptrolle eingenommen hat, um die Sozialpartnerschaft? Wie funktioniert der soziale Dialog in diesen schwierigen Zeiten? Welches sind die Konfliktpunkte?

Auf den ersten Blick scheint sich das Virus nicht auf das schweizerische Modell der Sozialpartnerschaft ausgewirkt zu haben, das auf einer Kultur des Dialogs und einer Suche nach pragmatischen Lösungen beruht. Seit Ausbruch der Pandemie nehmen die Gewerkschaftszentralen und die Wirtschaftsverbände in regelmässigen Abständen an runden Tischen unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin teil.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus sowie die Massnahmen, mit denen diesen begegnet werden soll, werden somit tripartit behandelt. Diese Treffen sind dazu da, um uns daran zu erinnern, dass der Staat und die Sozialpartner angesichts der Pandemie eine gemeinsame Verantwortung tragen. Nur Massnahmen, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen gleichermassen akzeptiert und unterstützt werden, erweisen sich als maximal wirksam.

Die Sozialpartner haben den vom Bundesrat angekündigten Massnahmenkatalog in der Höhe von 42 Milliarden Franken zugunsten der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber wie auch der Selbständigen begrüsst. Hinter dieser vordergründigen Einhelligkeit verbirgt sich jedoch ein bedeutender Dissens, nämlich jener zum Shutdown.

Die Gewerkschaft Unia ist der Meinung, dass die bundesrätlichen Massnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 von den Unternehmen nicht eingehalten werden und verlangt deshalb die Stilllegung der gesamten Wirtschaft. Von den Worten zu den Taten: Sie hat Drohbriefe an eine Vielzahl von Unternehmensleitungen verschickt mit der Aufforderung, ihre Tätigkeiten einzustellen.

Die Unia nimmt also mit ihren 188’000 Mitgliedern unter den 5 Millionen Beschäftigten der Schweiz für sich in Anspruch, die Betriebe dichtmachen zu können. Mit welcher Legitimität? Ist sich die Gewerkschaftsführung bewusst, welche dramatischen Konsequenzen ein solcher Entscheid für die Landesversorgung hätte?

Mit ihrer unnachgiebigen Haltung ignoriert die Unia die Beschlüsse des Bundesrates, wie sie in der Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus festgehalten sind. Diese Rechtsgrundlage äussert sich nicht bezüglich der Unternehmen. Das heisst in der Konsequenz: Die Weiterführung der Arbeit ist möglich, wenn die vom BAG definierten Sicherheitsregeln eingehalten werden.

Die Weiterführung der Arbeit ist möglich, wenn die vom BAG definierten Sicherheitsregeln eingehalten werden.

Entgegen der Äusserungen der Unia drücken sich die Betriebe nicht vor ihrer Verantwortung. Sie unternehmen alles, um die von den Behörden verordneten Schutzmassnahmen rigoros umzusetzen. Sie nehmen dazu insbesondere räumliche Anpassungen vor und richten Home-Office-Lösungen ein. Und dort, wo die Vorgaben des BAG – wie teilweise im Bausektor – nicht immer sichergestellt werden können, greifen die Arbeitgeber aus eigener Initiative zum Mittel der Baustellenschliessung. Dies zeigen die ersten Erfahrungen.

Der Kommentar von Marco Taddei erschien auf französisch in der Zeitung «L’Agéfi».