Post-Pandemielösungen für das grenzüberschreitende Homeoffice

13. Juli 2023 Fokus

Als Sommerserie publiziert der Schweizerische Arbeitgeberverband einzelne Beiträge des kürzlich publizierten Jahresberichts in aktualisierter Form. Den Anfang macht das grenzüberschreitende Homeoffice. Durch die Pandemie hat sich das Homeoffice rasant ausgebreitet und betrifft auch einen grossen Teil der rund 350'000 in der Schweiz tätigen Grenzgänger. Die Schweiz und Frankreich haben sich nun auf eine dauerhafte Lösung für die Besteuerung der Einkünfte aus dem Homeoffice geeinigt.

Während der Ausnahmesituation im Zusammenhang mit Covid-19 setzten die Schweiz und ihre europäischen Nachbarn die Anwendung bestimmter Regeln sowohl im Bereich der sozialen Sicherheit als auch auf steuerlicher Ebene aus, um Grenzgängern die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen.

Im Bereich der Sozialversicherung wurde die Ausnahmeregelung, die seit Beginn der Pandemie galt, bis zum 30. Juni 2023 verlängert. Bis zu diesem Zeitpunkt unterlag ein Grenzgänger, der seine Tätigkeit zu Hause ausübte, weiterhin den schweizerischen Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit, unabhängig davon, wie viel von seiner Tätigkeit in Form von Homeoffice in seinem Wohnstaat (EU/EFTA) ausgeübt wurde.

Die Schweiz und einige EU- und EFTA-Staaten (darunter Deutschland, Österreich, Frankreich und Liechtenstein) haben ein multilaterales Abkommen unterzeichnet, das von den gewöhnlichen Unterstellungsregeln abweicht, um das Arbeiten im Homeoffice über den 30. Juni 2023 hinaus zu erleichtern. Diese Vereinbarung sieht vor, dass grenzüberschreitende Arbeitnehmende, die nicht im Sitzstaat ihres Arbeitgebers wohnen, bis zu 50 Prozent des Homeoffice (d.h. maximal 49,9 Prozent der Arbeitszeit) von ihrem Wohnsitzstaat aus leisten können, wobei die Zuständigkeit des Arbeitgeberstaats für die Sozialversicherung bestehen bleibt. Diese Ausnahmeregelung gilt nur für Situationen, die zwei Unterzeichnerstaaten des Abkommens betreffen.

In steuerlicher Hinsicht hat das grenzüberschreitende Homeoffice je nach Land und Kanton Folgen unterschiedlicher Art und Komplexität, insbesondere in Bezug auf die Besteuerung des Arbeitnehmenden und die Pflicht des Unternehmens, eine Quellensteuer zu erheben. Auch in diesem Bereich haben die Schweiz und ihre Nachbarländer (mit Ausnahme Österreichs) Sondervereinbarungen unterzeichnet, um sicherzustellen, dass die Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 die Besteuerung von Grenzgängern nicht verändern. Diese Übergangsvereinbarungen wurden mehrmals verlängert: Das Abkommen mit Liechtenstein galt bis zum 31. März 2022, jenes mit Deutschland bis zum 30. Juni 2022 und das Abkommen mit Italien bis zum 31. Januar 2023.

Für französische Grenzgänger endete die Ausnahmeregelung am 31. Dezember 2022. Die Schweiz und Frankreich haben sich auf eine dauerhafte Lösung für die Besteuerung der Einkünfte aus dem Homeoffice geeinigt. Diese sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2023 bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit pro Jahr im Homeoffice möglich sind, ohne dass dadurch die Besteuerungsregeln oder der Grenzgängerstatus in Frage gestellt werden. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) begrüsst diese Vereinbarung, die dem Bedürfnis der Unternehmen nach Planbarkeit entgegenkommt und die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmenden unabhängig von ihrem Wohnsitzland gewährleistet.

Die dem SAV angeschlossenen Wirtschaftsverbände der Romandie raten ihren Mitgliedern, Homeoffice für ihre aus Frankreich kommenden Grenzgänger nur bis zu zwei Tage pro Woche zu bewilligen. Ab dieser Schwelle könnten nämlich strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Der Groupement des entreprises multinationales (GEM), dem über 100 multinationale Unternehmen im Genferseegebiet angehören, begrüsste die Verständigungsvereinbarung über die Besteuerung von Grenzgängern, die am 22. Dezember 2022 abgeschlossen wurde. Demnach dürfen nun bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice geleistet werden. Diese Lösung vermeidet eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmenden mit Wohnsitz in der Schweiz und denjenigen in Frankreich und trägt den Umweltbelangen im Zusammenhang mit dem Pendelverkehr Rechnung. Dieses Steuerabkommen stellt einen grossen Fortschritt für die im Kanton Genf beschäftigten Arbeitnehmenden dar. Ohne dieses Abkommen könnten die Arbeitnehmenden in Genf, wo normalerweise die Regeln des Steuerabkommens von 1966 gelten, keinen einzigen Tag im Homeoffice verbringen – dies aufgrund von Artikel 271 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, der die Erhebung einer Steuer für einen ausländischen Staat verbietet. Unsere Vereinigung begrüsst daher die Verhandlungsarbeit der Schweizer Behörden, um diese Vereinbarung mit Frankreich abzuschliessen.  Larissa Robinson, Generalsekretärin des Groupement des entreprises multinationales (GEM)

Dieser Beitrag erschien in der Originalversion auch im SAV-Jahresbericht 2022