«Die Wirtschaft muss ihre Resilienz stärken»

Er glaube nicht, dass es nach der Krise ein Datum gebe, an dem plötzlich wieder alles ist wie früher, sagt Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt.

NZZ am Sonntag: Die Rettungsaktion für die Wirtschaft ist angelaufen. Wie lautet Ihre erste Bilanz?

Valentin Vogt: Der Bund hat mit den Kantonen, dem Finanzplatz und den Sozialpartnern das grösste Hilfspaket der Geschichte geschnürt. 757000 Arbeitende werden ab Montag in Kurzarbeit sein. Am Donnerstag um 8.30 Uhr war der erste Kredit zur Sicherung der Liquidität gesprochen. So funktioniert die Schweiz! Soweit ich weiss, sind bisher 30000 Gesuche bei Banken eingegangen, im Schnitt geht es um Beträge von 150000 Franken. Die Gewissheit, über Liquidität zu verfügen, ist sehr wichtig für die Firmen.

Sehen Sie noch Lücken im Rettungsnetz, etwa bei Selbständigen oder den Mieten von geschlossenen Geschäftslokalen?

Es gibt sicher offene Punkte. Etwa indirekt betroffene Unternehmen wie den Grafiker, der für Restaurants die Menukarte oder für Reisebüros Prospekte gestaltet. In den nächsten Tagen müssen wir die Übersicht über solche Spezialfälle gewinnen und eruieren, wo noch Handlungsbedarf besteht. Es ist uns gelungen, ein Sicherheitsnetz zu spannen, das es uns erlaubt, so gut als möglich weiterzuarbeiten. Zusätzliche Probleme müssen wir nun Schritt für Schritt angehen.

Die Gesundheit geht vor: Wie lange stehen Arbeitgeber und Unternehmer noch hinter dieser Devise des Bundesrats?

Für mich geht es nicht um einen Gegensatz zwischen Gesundheit oder Wirtschaft. Wir müssen ein Gleichgewicht finden. Da das Virus nie mehr ganz verschwinden wird, müssen wir lernen, mit ihm zu leben. Deshalb wehren wir uns mit allen Mitteln gegen einen radikalen Shutdown, wie das die Gewerkschaft Unia fordert. Wo man die Vorschriften einhält und Ansteckungen mit geeigneten Massnahmen verhindern kann, soll man weiterarbeiten. Sonst drohen irreparable Schäden für unser Land.

Erwarten Sie vom Bundesrat eine klare Ansage, bis wann der Ausnahmezustand dauert?

Ich glaube nicht, dass es ein Datum gibt, an dem plötzlich alles wieder ist wie vor der Krise. Der Bundesrat wird wohl kaum direkt vom Ausnahme- zurück in den Normalzustand wechseln, sondern das öffentliche Leben kontrolliert wieder hochfahren. Wichtig ist, dass mit der Planung umgehend begonnen wird.

Welches sind für Sie die wichtigsten Punkte einer Exit-Strategie aus dem Krisenmodus?

Dass man alle nun ergriffenen Notmassnahmen wieder zurückfährt: Lockerungen in der Arbeitslosenversicherung, die Stundung von Mietzinsen. Die Leute gewöhnen sich schnell an solche Erleichterungen. Die Wirtschaft selbst muss sich für die Zukunft auf weitere Pandemien und andere Krisen einstellen und ihre Resilienz stärken, damit die Unternehmen auch schwierige Zeiten für ein paar Wochen überstehen. Das sind nur ein paar Beispiele. Vorerst gilt es, die Krise zu bewältigen. Die Aufarbeitung kommt später.

Dieser Beitrag erschien in der «NZZ am Sonntag».