BVG-Kommission steckt im Dilemma

31. August 2017 Meinungen

Das Gesetz verpflichtet den Bundesrat, den Mindestzinssatz zur Verzinsung der BVG-Guthaben in der Zweiten Säule regelmässig zu überprüfen und ihn auf Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge entsprechend festzulegen. Für dieses Jahr empfiehlt die BVG-Kommission dem Bundesrat, keine Überprüfung des Mindestzinses vorzunehmen. Damit würde der Mindestsatz von aktuell 1 Prozent auch für 2018 bestehen bleiben. Demgegenüber hat der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) der BVG-Kommission für 2018 einen Mindestzinssatz von 0,5 Prozent beantragt. Grund dafür sind die ökonomischen Gegebenheiten.

Obwohl beide seit Jahren in der BVG-Kommission angewendeten Formeln für 2018 klar einen Wert von 0,5 Prozent ergeben, konnte sich die Fachkommission nicht dazu durchringen, dem Bundesrat die daraus resultierende Senkung des Mindestzinses zu empfehlen. Stattdessen hat sie eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einmal mehr die Methodik und grundsätzliche Legitimation des Mindestzinses analysieren und den allfälligen Entwicklungsbedarf definieren soll. Bleibt die Suche nach dem Ei des Kolumbus einmal mehr erfolglos und ergeben sich daraus keine wesentlich neuen Erkenntnisse, wird in einem Jahr die Diskussion in der Kommission wieder in gewohnter Manier stattfinden. Dann dürfte eine Senkung des Mindestzinses unumgänglich sein.

Dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse bleibt bis dahin die Hoffnung, endlich doch noch die passende Formel für ihr gewünschtes politisches Ergebnis zum Mindestzins zu finden. Denn aktuell indiziert selbst die seit Jahren von den Gewerkschaften vertretene Minderheitsformel nur noch einen Mindestzins von 0,5 Prozent. Exakt denselben Wert ergibt auch die von den Fach- und Arbeitgeberverbänden vertretene Mehrheitsformel.

 

Mit ihrem Manöver, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, umschifft die BVG-Kommission geschickt das aktuelle politische Dilemma, zur Unzeit vor der Abstimmung diese ökonomisch unausweichliche, aber unpopuläre Empfehlung, verabschieden zu müssen.

Dem Pensionskassenverband ASIP dürfte der nun getroffene Nichtentscheid zum Mindestzins ebenfalls nicht ungelegen kommen, um das Volk mit Blick auf die kommende Volksabstimmung über die Altersvorsorge milde zu stimmen. Schliesslich kämpft der ASIP Seite an Seite mit den Gewerkschaften für diese Scheinreform. Da nimmt er doch für ein Jahr gerne einen deutlich zu hohen Mindestzins in Kauf, wenn dafür die sehnlichst erwartete und heute fast unbestrittene Senkung des Mindestumwandlungssatzes winkt. Mit ihrem Manöver, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, umschifft die BVG-Kommission geschickt das aktuelle politische Dilemma, zur Unzeit vor der Abstimmung diese ökonomisch unausweichliche, aber unpopuläre Empfehlung, verabschieden zu müssen.

Immerhin: Vielleicht wird die Kommission dank der Situationsanalyse der Arbeitsgruppe ihrem Anspruch, ein Fachgremium zu sein, bald wieder einmal gerecht – etwa, indem sie zur Einsicht gelangt, dass sie als politisch zusammengesetztes und motiviertes Gremium gar nicht unbedingt die richtige Instanz darstellt, um über den Mindestzins zu richten oder indem sie diesen gar grundsätzlich in Frage stellt.