Die Berufsbildung zeigt Stärke in der Krise

6. November 2020 Medienbeiträge

Die Corona-Krise hat viele Bereiche unseres Lebens hart getroffen – so auch die berufliche Aus- und Weiterbildung. Es zeigt sich jedoch eindrücklich, dass der Lehrstellenmarkt krisenresistent ist – nicht zuletzt dank dem Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen, der gelebten Verbundpartnerschaft und ihrer Nähe zum Arbeitsmarkt.

Corona hat noch immer einen Grossteil der Wirtschaft fest im Griff. Von den Auswirkungen blieb auch die berufliche Grundbildung nicht verschont. Betriebe und Schulen wurden geschlossen, gewisse Abschlussprüfungen mussten in angepasstem Rahmen durchgeführt oder ganz gestrichen werden. Vor allem war die Sorge vor einer sich anbahnende Lehrstellenkrise weit verbreitet. Etwas länger als ein halbes Jahr nach dem bundesrätlich verordneten Lockdown kann man in diesem Punkt eindeutig entwarnen: Die Berufsbildung ist krisenresistent. Corona ist eine Wirtschaftskrise, aber keine Lehrstellenkrise.

Im Jahr 2020 konnten gesamtschweizerisch bereits per Ende September gleich viele Lehrstellen besetzt werden wie im Vorjahr. Gemäss monatlich eingeholten Erhebungen bei den kantonalen Berufsbildungsämtern wurden bis Ende September 2020 schweizweit 76’408 Lehrverträge abgeschlossen. Damit liegt die Gesamtzahl der abgeschlossenen Lehrverträge bereits jetzt sogar leicht über den Vorjahreszahlen und das Ziel konnte übertroffen werden. In einigen Kantonen wurden sogar mehr Lehrverträge abgeschlossen als im Vorjahr. Weitere Lehrstellen konnten noch bis Ende Oktober vergeben werden.

Bedingt durch die sprachregionalen Unterschiede bei der Rekrutierung von Lernenden hat der Lockdown vor allem in der lateinischen Schweiz, wo die Lehrverträge in der Regel von März bis August abgeschlossen werden, die Lehrstellensuche beeinträchtigt. In der Deutschschweiz waren die Auswirkungen geringer, da dort jeweils in der Regel ab August rekrutiert wird. Der Rückstand in der lateinischen Schweiz konnte jedoch seit dem Ende des Lockdowns stetig und deutlich verringert werden.

Betriebe und Verbundpartner in der Pflicht

Während des Lockdowns haben die Unternehmen alles darangesetzt, Jugendlichen die Ausbildung im Betrieb weiter zu ermöglichen. Auch in besonders betroffenen Branchen haben Betriebe viel in die Bildung der jungen Berufsleute investiert und innovative Lösungsansätze gefunden. Ein Beispiel dafür: Einige Restaurants und Hotels hielten ihren Betrieb extra für Lernende intern geöffnet. Auch dank solchen Engagements blieb die Lage auf dem Lehrstellenmarkt erfreulicherweise stabil.

Neben den Unternehmen hat insbesondere die im Mai 2020 von Bundesrat Guy Parmelin eingesetzte Task Force «Perspektive Berufslehre 2020» dazu beigetragen, dass sich die Situation der beruflichen Grundbildung auch während der Corona-Krise positiv entwickelte. Die Task Force vereint die Verbundpartner (Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt) und bündelt auf nationaler Ebene die Kräfte gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die Massnahmen zielen darauf ab, dass möglichst viele Jugendliche 2020 eine Lehrstelle und Absolventinnen und Absolventen der Berufslehre eine Anschlusslösung finden. Auch Lehrbetriebe sollen ihre offenen Lehrstellen besetzen und damit künftig ihren Bedarf an qualifizierten Fachkräften decken können. Die Task Force stützt sich auf bestehende Strukturen ab und trägt den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Kantonen und Branchen Rechnung.

In der Krise standen etablierte Kommunikationskanäle und Abläufe bereit, welche ein rasches Handeln ermöglichten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband ist Teil dieser Initiative und setzt sich aktiv für die Task Force und ihre Ziele ein.

Task Force zur Unterstützung der beruflichen Grundbildung

Die Task Force «Perspektive Berufslehre 2020» fördert Projekte zur Stabilisierung des Lehrstellenmarkts. Und sie sensibilisiert die Wirtschaft. Dazu gehört beispielsweise die im Oktober lancierte Challenge PROLEHRSTELLEN. Die Challenge will, dass sich möglichst viele Unternehmer zur Berufsbildung bekennen. Dies unter dem Slogan «Wir machen uns stark für die Schweiz. Wir bilden aus.» Ausbildungsbetriebe erhalten mit der Challenge ein Gesicht, indem sie ein Manifest unterzeichnen und ihre Botschaft über das Portal www.prolehrstellen.ch sowie ihre eigenen sozialen Kanäle verbreiten. Zudem sollen sie so weitere Betriebe auf authentische Weise von der Berufsbildung überzeugen. Ziel ist es sicherzustellen, dass die Schweizer Wirtschaft auch in Zukunft genügend Fachkräfte zur Verfügung hat. Eine Lehrstelle anzubieten lohnt sich daher auch in der Krisenzeit.

Jetzt nicht nachlassen

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigen sich nach wie vor. Die Rezession und die demographisch bedingte Zunahme von Absolventen der obligatorischen Schule können dazu führen, dass sich die Lage auf dem Lehrstellenmarkt in Zukunft verschärft. Die Situation muss deshalb weiterhin beobachtet werden und je nach dem weiteren Verlauf der Pandemie und der wirtschaftlichen Lage müssen die richtigen Massnahmen getroffen werden.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband appelliert an die Jugendlichen und ihre Eltern, sich über die zahlreichen Berufsmöglichkeiten zu informieren und sich zu bewerben. Der SAV ruft zudem die Betriebe auf, wo immer möglich Lehrstellen zu schaffen und Lehrabgänger einzustellen. Die jungen Berufsprofis wurden arbeitsmarktnah ausgebildet und tragen einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg ihres Betriebs bei. Auch Unternehmen, die sich in Kurzarbeit befinden, können Lernende nach Lehrabschluss vorbehaltslos weiterbeschäftigen.

Dieser Fachbeitrag erschien im «Wirtschaftspolitisches Mitteilungsblatt
für die Mitglieder der AIHK».