Wettbewerbsfähigkeit schlägt Konjunkturspritzen

6. Dezember 2010 Meinungen

Die Schweizer Wirtschaft ist wieder auf Erfolgskurs. Das zeigt auch, dass konkurrenzfähige Strukturen effektiver sind als staatliche Stimulierungsmassnahmen.

Wer die Konjunkturprognosen vom Herbst 2009 mit dem effektiven Wirtschaftsverlauf dieses Jahres vergleicht, der reibt sich die Augen. Vor 12 Monaten hatten die Auguren noch ein Wachstum von unter 1% erwartet. Jetzt steuern wir auf einen Wert von rund 2,5% zu, notabene ein Wert, den die Schweiz im Verlauf der 1990er-Jahre nie erreichte hatte. Der Prognosefehler schlug erfreulicherweise auch auf die Arbeitslosenquote durch. Diese stieg zwar bis zum Januar 2010 auf 4,5%, sank aber bis diesen Oktober auf 3,5 Prozent zurück und blieb weit unter dem seinerzeit vorausgesagten Jahresdurchschnitt von 5%.

Eklatante Diskrepanz
Die eklatante Diskrepanz zwischen dem prognostizierten und dem effektiven Wirtschaftsverlauf gäbe Anlass zu einigen belustigenden Kalauern über die Verlässlichkeit ökonomischer Modelle. Interessanter ist jedoch die Frage, weshalb die Schweiz nach dem Urteil der OECD «die Wirtschaftskrise besser überstanden hat als die meisten anderen Industriestaaten» und so rasch wieder auf den Erfolgskurs zurückkehren konnte.

Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass die schweizerische Wirtschaft den Stress-Test der Finanzkrise insgesamt gut bestanden hat: Erstens die erfolgreiche Politik der Schweizerischen Nationalbank, die den Absturz der Finanzmärkte auffing und in der kritischsten Phase eine Aufwertung des Frankens verhinderte. Zweitens die stabilisierende Wirkung der Staatsausgaben und der Arbeitslosenversicherung, die für einen nahezu konstanten privaten Konsum sorgten. Drittens die gesunden öffentlichen
Haushalte. Viertens die gezielten Stabilisierungsprogramme des Bundes. Und last but not least: Die Personenfreizügigkeit mit der EU, denn die mehrheitlich gut qualifizierten und verdienenden Zuwanderer stärkten die Nachfrage nach Wohnungen und Konsumgütern.

Fundamentale Stärken
Nach diesen direkten Stützungsfaktoren gegen die Krise waren es dann aber tieferliegende Kräfte, welche die konjunkturelle Erholung antrieben. Die Wirtschaft hat in den letzten 10 bis 15 Jahren ihre Strukturen grundlegend verbessert und kann nun in ihren Märkten ein gesteigertes Leistungspotenzial einsetzen. Lag unser Land in den 1990er-Jahren punkto Wachstum am Ende der OECD-Rangliste, so zählte es in den letzten Jahren zu den stark wachsenden Volkswirtschaften. Sowohl beim «Global Competitiveness Report» 2009 wie auch beim Europäischen Innovationsanzeiger 2009 steht die Schweiz an der Spitze. Hier zeigen sich fundamentale Stärken und Früchte einer Wirtschaftspolitik, die einerseits auf die Förderung des Wettbewerbs im Innern und anderseits auf die Öffnung der Märkte im Aussenverhältnis setzt.

Die Kritiker zur Linken, die im letzten Jahr viel grössere staatliche Stimmulierungsmassnahmen forderten, sind durch die reale Wirtschaftsentwicklung widerlegt. Wäre man ihnen gefolgt, dann hätte der Staat unnötigerweise Geld ausgegeben, entsprechende Schulden aufgebaut und womöglich in Teilen der Volkswirtschaft noch Überhitzungserscheinungen provoziert. Hoffentlich haben auch sie jetzt gelernt, dass die Schaffung wettbewerbsfähiger Strukturen auf lange Frist effektiver ist, als die Verabreichung von Konjunkturspritzen.