Vorberatende Kommission des Ständerats riskiert weitere Verzögerung des IV-Schuldenabbaus

14. August 2019 News

Die Versprechen über eine Sanierung der Invalidenversicherung (IV) verkommen immer mehr zur Farce. Geht es nach der vorberatenden Kommission des Ständerats, dürfte selbst der inzwischen auf das Jahr 2032 vorausgesagte Schuldenabbau der IV gegenüber der AHV noch länger auf sich warten lassen.

Die vorberatende Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-SR) weicht wieder vom im Frühling vorgespurten Weg zur IV-Sanierung ab: Gemäss Entscheid vom 14. August 2019 stellt sie sich gegen die Korrektur der seit Jahren nachgewiesenen Fehlanreizwirkung der Zusatzrenten für IV-Rentner mit Kindern. Richtigerweise hatte der Nationalrat in der Frühlingssession 2019 beschlossen, eine moderate Kürzung dieser Zusatzrenten pro Kind von 40 auf 30 Prozent der Hauptrente vorzunehmen, und dem Instrument endlich den treffenden Namen zu geben: «Zulage für Eltern».

Die SGK-SR will nun aber – gestützt auf Vergleiche der finanziellen Verhältnisse von Familien, die Anspruch auf Kinderrenten und Ergänzungsleistungen (EL) haben, und anderen Familien, die keine derartigen Sozialleistungen erhalten – auf die von der grossen Kammer vorgeschlagene Kürzung verzichten. Unklar bleibt, ob die SGK-SR in ihrer Debatte die kürzlich beschlossenen massiven Erhöhungen der EL-Ansätze berücksichtigt hat. Denn Familien mit nur zwei Kindern und IV mit EL werden künftig ohne Weiteres über ein Nettoeinkommen um die 90’000 Franken verfügen – ohne die EL derweil versteuern zu müssen. Die Arbeitgeber werden die Vergleichsrechnungen mit erwerbstätigen Familien ohne Sozialleistungen, die zu diesem Ergebnis der Kommission geführt haben, mit Interesse analysieren.

Gleichzeitig verstrickt sich die Kommission offensichtlich in Widersprüchen. Gemäss Mitteilung will sie zwar mit dem neuen stufenlosen Rentensystem die Erwerbsanreize von IV-Bezügern erhöhen. Dennoch soll künftig bereits ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent eine volle IV-Rente ausgerichtet werden. Ein im Auftrag des Bundesrats erstelltes Gutachten kam jedoch bereits vor Jahren zum Schluss, dass das neue Rentensystem seine Anreizwirkung vor allem dann ausspiele, wenn eine volle Rente erst bei einem Invaliditätsgrad von 80 Prozent gesprochen wird. Würde das Plenum des Ständerats der vorberatenden Kommission sowohl in diesem Punkt als auch bezüglich der Zulage für Eltern folgen, so bliebe von der gewollten Anreizwirkung des Systemwechsels kaum etwas übrig. Gerade im Segment jüngerer IV-Rentner, die am ehesten auch Kinder haben, wäre das Gegenteil der Fall.

Unter dem Strich dürfte die finanzielle Wirkung einer solchen IV-Revision sogar negativ ins Gewicht fallen. Denn es ist absehbar, dass das neue Rentenmodell mitsamt des zu erwartenden massiven zusätzlichen Verwaltungsaufwands nicht – wie vom Bundesrat geltend gemacht – kostenneutral wäre, sondern sogar eine finanzielle Zusatzbelastung herbeiführen dürfte. Im Ergebnis würde sich die ursprünglich vom Bundesrat für das Jahr 2024 versprochene Entschuldung der IV noch weiter in die 2030er-Jahre verlagern. Ein unhaltbarerer Zustand.