Unverständlicher Zeitverzug in der BVG Reform

8. September 2022 News

Nachdem der Ständerat seine vorberatende Kommission in der Sommersession schon zu einer «Ehrenrunde» verknurrt hatte, ist diese erneut nicht fertig geworden mit ihrer Beratung zur Reform der zweiten Säule. Das wichtige Geschäft verpasst damit die Herbstsession und kann wahrscheinlich nicht mehr vor den Wahlen abgeschlossen werden.

Zugegeben, der Ständerat hinterliess schon in der Sommersession einige verdatterte Gesichter, als er zwar die Eintretensdebatte zur Reform der zweiten Säule durchführte, das Geschäft aber anschliessend wieder zur Überarbeitung an die Kommission zurückschickte. Nun hat diese – kurz vor dem Start in die Herbstsession – mitgeteilt, dass sie ihre Arbeiten noch nicht hat abschliessen können. Das Geschäft wird damit nicht an den Ständerat überwiesen und fällt in der Herbstsession für die inhaltliche Debatte im Plenum aus.

Für die Arbeitgeber ist dieser erneute Zeitverzug völlig unverständlich und äusserst bedauerlich. Selbstverständlich will «gut Ding Weile haben» – es fragt sich aber, welche massgebenden Veränderungen an den zur Verfügung stehenden Modellen noch auszuarbeiten sind, die nicht auch der Nationalrat bei seiner zweiten Lesung hätte vornehmen können. Mit Blick auf die Uhr ist die Verzögerung aus mehreren Gründen sehr beunruhigend.

Der Verzug dürfte zur Folge haben, dass das Geschäft nicht mehr im laufenden Jahr fertig beraten und durch die Schlussabstimmung gebracht werden kann. Das wiederum bedeutet, dass eine Referendumsabstimmung – die sich offenkundig schon heute abzeichnet – kaum vor den Wahlen im Herbst 2023 wird stattfinden können. Der jüngste Kommissionsentscheid verzögert das Geschäft damit nicht um Tage oder Wochen, sondern um Monate oder Jahre.

Ausserdem ist der Druck auf BVG-nahe Vorsorgeeinrichtungen trotz Entspannung an der Zinsfront nach wie vor hoch. Mit Blick auf die Auswirkungen der Inflation und der Ukraine-Krise, wird die Finanzierung der Leistungen in der beruflichen Vorsorge für die Pensionskassen immer schwieriger – die Deckungsgrade sind seit Jahresbeginn massiv eingebrochen. Zudem muss aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung der obligatorische Mindestumwandlungssatz dringend nach unten korrigiert werden.

Die Arbeitgeber bedauern deshalb diesen Entscheid der Kommission sehr. Positiv anzurechnen ist ihr hingegen, dass sie sich explizit nochmals zu den geplanten substanziellen Verbesserungen für Angestellte mit tiefen Löhnen und solchen mit mehreren Arbeitgebern aussprach, wovon insbesondere Frauen betroffen sind. Diese Botschaft ist nicht zuletzt für die Abstimmung zu den beiden AHV-Vorlagen vom 25. September relevant, rücken doch die Gegner immer wieder zu Unrecht die unterschiedlich hohen Leistungen gegen das Angleichen des Rentenalters ins Feld.