Reduktion des BVG-Mindestzinssatzes für 2022 in der Kommission chancenlos

24. August 2021 News

An ihrer gestrigen Sitzung hat die eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge beschlossen, dem Bundesrat eine Beibehaltung des Mindestzinssatzes von heute 1,0 Prozent für das Jahr 2022 zu empfehlen. Das Korsett für Vorsorgeeinrichtungen, die nahe an den gesetzlichen Mindestbestimmungen operieren, wird damit noch enger.

Trotz gravierenden Markteinbrüchen im Frühjahr 2020 aufgrund der Corona-Krise finden sich aktuell in den Büchern der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen kaum mehr Spuren dieser Pandemie. Die Börsen haben sich bereits bis Ende 2020 mehrheitlich erholt und die erste Jahreshälfte 2021 trieb die Kurse in schwindelerregende Höhe. Entsprechend steigen auch die Deckungsgrade und damit der vermeintliche Gesundheitszustand der Vorsorgeeinrichtungen, sodass viele Akteure geneigt sind, auch die entsprechenden Bewertungsparameter mit etwas mehr Optimismus als auch schon festzulegen.

Ein wichtiger Parameter der beruflichen Vorsorge ist der Mindestzins, zu welchem die Altersguthaben im BVG-Obligatorium mindestens verzinst werden müssen. Er ist auch bestimmend für die Beteiligung der Versicherten am Vermögensertrag der Vorsorgeeinrichtungen. Insofern kommt ihm eine Garantiefunktion zu. Zur jährlichen Festlegung des Mindestzinssatzes holt der Bundesrat die Empfehlung der eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge (BVG-Kommission) ein. Die Kommission muss aufgrund der Gesetzesanforderungen für ihre Empfehlung verschiedene Parameter berücksichtigen, etwa die Rendite marktgängiger Anlagen, namentlich der Bundesobligationen, der Aktien, der Anleihen und der Immobilien. Weitere Kriterien sind die finanzielle Situation der Vorsorgeeinrichtungen, die Teuerung oder die Tragbarkeit des Mindestzinssatzes für die BVG-Minimalkassen und die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Die BVG-Kommission empfiehlt nun dem Bundesrat, den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge für 2022 auf dem heutigen Wert von 1,0 Prozent zu belassen. Sowohl Anträge für eine Senkung wie auch für eine Erhöhung hatten in der Kommission keine Chance.

Aus Sicht der Arbeitgeber, die sich für eine deutliche Reduktion eingesetzt haben, ist dieses Resultat wenig überzeugend. Zum einen wird der Zinssatz zwar heute festgelegt, hat aber eine Garantiefunktion für das gesamte Berichtsjahr 2022. Ob und wie die Märkte ihre Hausse fortsetzen werden, steht bekanntlich in den Sternen, womit die heutigen Entwicklungen nur bedingt ein guter Indikator für die Situation Ende nächsten Jahres sein kann. Allein schon aus diesem Grund wäre eine vorsichtige Festlegung des Mindestparameters sinnvoll. Zum anderen nimmt insbesondere für Vorsorgeeinrichtungen, die innerhalb oder nahe an den gesetzlichen Mindestparametern operieren, der Druck stetig zu. Zu denken ist nicht nur an die – wenn auch inzwischen schwächer – zunehmende Lebenserwartung, sondern vor allem an die grundlegenden Verschiebungen im Versichertenbestand. So stehen viele Schweizer Pensionskassen vor einer regelrechten Pensionierungswelle durch die Babyboomer Generation. Diese dürfte in den nächsten Jahren den Anteil der Rentenkapitalien an der gesamten Bilanzsumme erhöhen und damit die Sanierungsfähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen laufend verschlechtern – was erneut ein Grund wäre, die Kassen durch den Mindestzinssatz nicht noch mehr einzuengen. Die Warnrufe der Arbeitgeber verhallten in der Kommission allerdings ungehört.