Frankenstärke: Jetzt ist Fairness gefragt

9. September 2011 Meinungen

Die bedrohliche Frankenstärke stellt die Exportwirtschaft und den Arbeitsort Schweiz vor grosse Herausforderungen: Jetzt sind die gemeinsamen Interessen wichtig!

Der dramatische Höhenflug des Frankens Richtung Euro-Parität hat auch die letzten Schönfärber und Zweifler aufgeschreckt. Vor allem in der politischen Szene ist der Stimmungswandel eklatant. Dieselben Kreise, die noch vor Kurzem den Nationalbank-Verantwortlichen Unfähigkeit und die Verschleuderung von Volksvermögen vorwarfen, erwarten nun, dass sie mit allen geldpolitischen Waffen den Kampf gegen die krasse Überbewertung unserer Währung führen. Man mag sich über solche politische Voten, welche die Notenbank zuerst schwächten und nun auf ihre Stärke hoffen, ärgern oder sie zynisch als Charakteristika des Wählermarketings hinnehmen: Hauptsache, das SNB-Direktorium kann mit voller politischer Rückendeckung den Kampf an den Devisenmärkten führen.

Von Entspannung weit entfernt
Nun hat die Nationalbank gehandelt, sie toleriert am Devisenmarkt ab sofort keinen Euro-Franken-Kurs unter dem Mindestkurs von Fr. 1.20. Auch wenn die Interventionen erste Wirkungen zeigen, sind wir von einer Entspannung der Situation noch weit entfernt. Die Exportwirtschaft (inklusive Tourismus) muss weiterhin mit Wechselkursverhältnissen rechnen, die ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der internationalen Konkurrenz drastisch erodieren. Nur wenige Unternehmen verfügen langfristig über die nötige Preissetzungsmacht, um die Überteuerung des Frankens auf der Ertragsseite zu kompensieren. Die meisten sind einer harten Konkurrenz ausgesetzt, und auch Kunden in langfristigen Lieferbeziehungen suchen Alternativen, wenn der wechselkursbedingte Mehrpreis zu hoch wird. Weil zudem manche Unternehmen laufende Verträge mit vorteilhafteren Konditionen unter den neuen Rahmenbedingungen erneuern müssen, werden die negativen Spuren der Frankenstärke in den Büchern der Exportwirtschaft immer tiefer.

Lassen wir uns also von den Exportstatistiken der letzten Monate nicht täuschen. Sie zeigen die (Margen-)Verluste der Firmen in den abgewickelten Exportvolumen nur unvollständig, und sie sind blind gegenüber den kommenden, dramatischen Herausforderungen der Exportwirtschaft durch die Frankenstärke.

Die Kosten optimieren
Die Unternehmen müssen rechtzeitig auf diese Herausforderungen reagieren – und sie haben bereits zahlreiche Massnahmen eingeleitet, um den Folgen der Frankenaufwertung zu begegnen. Mit dem vermehrten Einkauf im Euro- respektive Dollarraum (was allerdings einheimische Zulieferanten unter Druck setzt), Währungsabsicherungen und allgemeinen Effizienzsteigerungen lassen sich jedoch die währungsbedingten Verluste der Konkurrenzfähigkeit nicht mehr schliessen. Bevor in dieser Lage Arbeitsplätze abgebaut oder verlagert werden, sollten alternative Möglichkeiten zur Kostenoptimierung im Personalbereich gesucht werden.

Dazu gehört in erster Linie die Arbeitszeitverlängerung bei gleichbleibendem Lohn, sofern für die zusätzliche Produktion auch eine entsprechende Nachfrage besteht. Fehlt diese Voraussetzung, dann können auch Lohnsenkungen zur Bewältigung einer Krise beitragen. Solche Einschnitte müssen aber die Ultima Ratio bleiben und in einem offenen Dialog mit den Arbeitnehmenden respektive ihren Vertretungen eingeführt werden. Jetzt ist sozialpartnerschaftliche Fairness gefragt. Einseitige Arbeitgeberdiktate sind ebenso unverantwortlich wie gewerkschaftliche Fundamentalwiderstände, wenn es um die Zukunft des Arbeitsorts Schweiz geht.