Seit dem Ausbruch der Coronakrise im Frühling 2020 dreht sich auch im Ressort Arbeitsmarkt sehr vieles um Covid-19. Wie haben sie diese Zeit bisher wahrgenommen?
Mit dem Lockdown, den Grenz-, Lokal- und Geschäftsschliessungen im März 2020 haben sich für das Ressort Arbeitsmarkt blitzartig ganz neue Fragestellungen ergeben. Wie können wir innert kürzester Zeit unsere Mitglieder über die sich praktisch wöchentlich verändernden Massnahmen des Bundesrates orientieren? Wie holen wir regelmässig und kurzfristig das aktuelle Stimmungsbild und die Positionen unserer Mitglieder ein, und wie stellen wir den direkten Kontakt zu einer entscheidungsbefugten Person im zuständigen Bundesamt her, damit unsere Mitglieder ihre dringenden Fragen – sei es zur Kurzarbeitsentschädigung, zum EO-Taggeld oder zu den Einreisebestimmungen – an uns richten können statt über die ohnehin überlasteten Hotlines der Bundesämter zu gehen? Daraus hat sich ein neues und starkes Netzwerk in die Bundesbehörden bis zu den persönlichen Mitarbeitern der Bundesräte ergeben. Dieses erlaubte uns auch, kurzfristig Forderungen zu platzieren, die auch Gehör fanden. Aber auch die vielen Telefongespräche mit den Branchenkollegen haben zu einer starken Bindung geführt, die für mich einen grossen Mehrwert aus dieser Zeit darstellt und die ich auf jeden Fall weiter pflegen möchte.
Was hat Sie das Arbeiten im Krisenmodus ganz besonders gelernt?
Nicht nur der kurzfristig installierte Krisenmodus zwischen uns und unseren Mitgliedern und zu den Bundesämtern hat per sofort gut geklappt. Wir haben auch als «Verband der Verbände» gut funktioniert, weil die Unterstützung unter den Mitgliedern besser als üblich gespielt hat. Man hat eigene Schutzkonzepte oder Rechtsgutachten zur Verfügung gestellt, was in «normalen» Zeiten eher weniger vorkommt, weil dann der Mehrwert für die eigene Mitgliedschaft im Vordergrund steht.
Daher schaue ich auf eine intensive Zeit mit langen Arbeitstagen und durchgearbeiteten Wochenenden zurück – aber auch auf viele gute Gespräche und auf Telefonate, bei welchen der Druck der Kolleginnen und Kollegen in den Branchen angesichts der schwierigen Situation für ihre Mitglieder spürbar war.
Sie waren lange in der Maschinenindustrie tätig. Was haben Sie von dieser Station mitgenommen?
Ich war 14 Jahre bei Swissmem. Nach 8 Jahren habe ich die Leitung des Ressort Arbeitgeberpolitik mit seinem damals rund 10-köpfigen Team übernommen. Insbesondere in dieser Zeit war ich für die arbeitsrechtlichen und gesamtarbeitsvertraglichen Fragen der Unternehmen in der Nordwestschweiz, der Innerschweiz und dem Tessin zuständig. Entsprechend war ich oft vor Ort in den Betrieben, wenn es Streitigkeiten mit den Gewerkschaften gab – etwas seltener, wenn neue Reglemente oder zum Beispiel ein neues Jahresarbeitszeitmodell eingeführt wurden und die Geschäftsleitung wissen wollte, wie man die eigenen Mitarbeitenden am besten «an Bord holt». In dieser Position war ich zwischen 2008 und 2013 auch für die GAV-Verhandlungen verantwortlich, wo ich mein strategisches Denken und Planen vertiefen und auch viel betriebliche Praxis in den SAV mitnehmen konnte. Heute ist das ein grosser Vorteil, da ich gerade bei meiner politischen Lobbyarbeit anhand praktischer Beispiele erklären kann, was Forderungen bezüglich der GAV in der Praxis wirklich bedeuten.
Was fasziniert Sie am Ressort des Schweizer Arbeitsmarkts?
Das Ressort Arbeitsmarkt ist sehr vielfältig. Ich sage immer, was nicht Bildung oder Sozialversicherungen ist, ist Arbeitsmarkt. Wir kümmern uns von den Fragen zur Arbeitszeitflexibilität über die Problematik der Coronamassnahmen bis hin zur Diskussion um die Bilateralen Verträge. Entsprechend gibt es auch immer wieder neue Themen oder neue Kontakte. Und besonders gut gefällt mir, dass wir mit unserer Arbeit den Mitgliedern wirklich einen Dienst erweisen können. Deshalb kann ich auch sagen, dass es mir in den vielen Jahren, in welchen ich nun schon Arbeitgeberpolitik betreibe, nie langweilig wurde.
Welche aktuellen politischen Einflüsse machen Ihnen Mut, dass die Schweiz ihren funktionierenden, flexiblen Arbeitsmarkt in die Zukunft führen kann?
Die Regulierungsflut hat eindeutig zugenommen und es bleibt eine Daueraufgabe, gegenüber Parlament und Öffentlichkeit die Arbeitgebersicht samt ihren Forderungen zu erklären. Positiv stimmt mich, dass wir in unserer Lobbyarbeit eine hohe «Durchsetzungsquote» haben. Wir wecken Verständnis für unsere Forderungen, sodass wir die nötigen Mehrheiten im Parlament erreichen, um arbeitgeberfeindliche Anliegen zu stoppen. Aber wir müssen am Ball bleiben. Wenn wir heute einen Vorstoss stoppen, können wir sicher sein, dass morgen schon wieder der nächste eingereicht wird.