Wie üblich wurde der Internationale Frauentag auch hierzulande in mehreren Städten gefeiert. Im Mittelpunkt der Forderungen der Demonstrierenden stand auch die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern. Eine gute Gelegenheit, um eine Bestandsaufnahme zu diesem brisanten Thema zu machen.
Zunächst sei daran erinnert, dass das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann seit dem 1. Juli 2020 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden verpflichtet, unter Aufsicht einer unabhängigen Stelle eine Analyse der Lohngleichheit durchzuführen und die Angestellten sowie Aktionärinnen und Aktionäre darüber zu informieren. Wie sich diese Massnahme bewährt, wird sich erst nach dem Evaluationsbericht des Bundesrates zeigen, der für 2025 geplant ist.
Bisher haben alle Studien auf sektoraler, kantonaler und nationaler Ebene ergeben, dass diskriminierende Lohnstrukturen eine Seltenheit sind. So zeigt etwa eine Erhebung der Universität St. Gallen, die im Frühjahr 2023 bei 615 Schweizer Unternehmen durchgeführt wurde, dass 99,3 Prozent der Unternehmen die vom Bund festgelegte Toleranzschwelle von 5 Prozent – und damit die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes – einhalten.
Ohne die Bilanz des Bundesrates über die tatsächliche Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes abzuwarten, versuchen Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus dem linken Spektrum regelmässig, diese gesetzliche Grundlage zu verschärfen – bis anhin jedoch ohne Erfolg. Weder die Senkung des Schwellenwerts für Unternehmen, ab dem das Gesetz gilt, auf 50 Mitarbeitende zu senken, noch die Einführung von Sanktionen oder das Führen einer schwarzen Liste von Unternehmen fanden bislang im Parlament eine Mehrheit.
Trotz der Voten des Parlaments gegen eine Anpassung der aktuell geltenden Regelungen wurden vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) im letzten Sommer unter der Hand Anpassungen angekündigt, die seit kurzem in Kraft sind. So wurde für Lohngleichheitsanalysen, die mit Logib – dem Analysetool des Bundes – durchgeführt werden, ein neuer, fakultativer Zielwert von 2,5 Prozent eingeführt und der zweite Signifikanztest abgeschafft.
Das Parlament goutiert diese plötzlichen Änderungen der Spielregeln nicht: Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter hat im Dezember zwei Motionen eingereicht, die den Verzicht auf die von der Behörde vorgeschlagenen Massnahmen fordern.
Die Mitte-Politikerin stellt treffend fest, dass die Analyse der Lohngleichheit bisher mit einer Toleranzschwelle von 5 Prozent und zwei Signifikanztests durchgeführt wurde, um die erheblichen statistischen Schwachstellen des Tools auszugleichen. Die Rückkehr zur Ausgangslage ist deshalb notwendig, weil die Änderungen des EBG nicht kosmetischer Natur sind, sondern zu statistischen Ungenauigkeiten führen können. So besteht die Gefahr, dass Unternehmen aufgrund der methodischen Schwächen der Logib-Software fälschlicherweise der Lohndiskriminierung beschuldigt werden.