Unfall- und Invalidenversicherung: Wichtige Entscheide stehen an

17. Februar 2011 News

In der Frühjahressession vom 28. Februar bis 18. März 2011 sind gewichtige sozialpolitische Geschäfte traktandiert, welche die Dossiers des Schweizerischen Arbeitgeberverbands betreffen. So soll der Ständerat über die Revision des Unfallversicherungsgesetzes und das erste Massnahmenpaket bei der 6. IV-Revision befinden.

Sowohl der Nationalrat als auch die Sozialkommission des Ständerats (SGK-S) entschieden sich dafür, die Revision des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) an den Bundesrat zurückzuweisen. Nun soll der Ständerat in der bevorstehenden Frühjahrssession über die Vorlage befinden.

Funktionierende Unfallversicherung nicht destabilisieren
Die Entscheide des Nationalrats und der SGK-S sind im Sinne des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), denn die Vorlage war in zentralen Punkten unbefriedigend. Es bestand gar die Gefahr, dass die gut funktionierende Unfallversicherung destabilisiert worden wäre.

Unbefriedigende zentrale Punkte waren:

  • Der versicherte Höchstverdienst sollte von 126‘000.– Franken auf rund 100‘000.– Franken gesenkt werden (Senkung der Deckung auf 85 bis 90% aller Löhne). Dies hätte eine Anhebung der Prämien in der Grundversicherung um rund 2% zur Folge gehabt.
  • Die vorgesehene Anhebung des Mindestinvaliditätsgrades von 10% auf 20% hätte das finanzielle Risiko von Arbeitgebern (Haftpflicht) und Arbeitnehmenden erhöht, die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit belastet sowie die Wiedereingliederung erschwert.
  • Die vorgesehenen Regeln für die an sich unbestrittene Beseitigung von Überentschädigungen im Pensionierungsalter waren technisch unbefriedigend, da sie neue Ungereimtheiten («Unterentschädigung» älterer Verunfallter) hervorgebracht hätten.

Der SAV plädiert dafür, den Rückweisungsbeschluss des Nationalrates im Sinne des Antrages zu bestätigen: «Die Vorlage soll an den Bundesrat zurückgewiesen werden mit dem Auftrag, den Umfang der Revision noch einmal zu überprüfen und allenfalls die Revisionsvorlage auf das Notwendigste zu beschränken. Die Problematik der Überentschädigung sei unter Einbezug der beruflichen Vorsorge zu prüfen und in angemessener Weise anzupassen.»

6. IV-Revision: Rasche Verabschiedung nötig
Der Bundesrat hatte mit der Botschaft vom 24. Februar 2010 den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung – 6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket – vorgelegt. Der Ständerat beriet die Vorlage in der Sommersession 2010 und folgte weitgehend den Vorschlägen des Bundesrats.

Der Nationalrat übernahm in der Wintersession 2010 in wesentlichen Teilen die Beschlüsse des Ständerats, wobei aber verschiedene Punkte sehr umstritten waren. Insbesondere verzichtete die grosse Kammer erst nach langer Diskussion und entgegen dem Antrag ihrer vorberatenden Kommission auf die Einführung einer «Behinderten-Integrationsquote» für Arbeitgeber. Die Differenzbereinigung soll nun in der Frühjahrssession erfolgen.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband unterstützt weitgehend die vom Nationalrat verabschiedete Vorlage. Sie erfüllt im Wesentlichen die vom SAV für die Revision formulierten Voraussetzungen:

  • Der Arbeitsversuch und das Wiederaufleben der IV-Rente aus der 2. Säule im Obligatorium und Überobligatorium werden klar geregelt. Insbesondere zur Frage einer praxistauglichen Regelung des Arbeitsversuches unter arbeitsrechtlichen Aspekten hat sich der SAV bei der Ausarbeitung der Vorlage stark engagiert. Die nun vorliegende Fassung nimmt seine Anregungen auf und fördert die Integration.
  • Das normierte Modell beim Wiederaufleben der IV-Rente aus der 2. Säule (Obligatorium und Überobligatorium) besticht durch seinen pragmatischen Ansatz. Es fördert die Reintegrationsbemühungen seitens der Versicherten und vermeidet Auseinandersetzungen zwischen der alten und neuen Vorsorgeeinrichtung.
  • Die Anpassung des Finanzierungsmechanismus’ ist eine logische Konsequenz der mit dem Ja zur IV-Zusatzfinanzierung dokumentierten Verselbständigung der IV.
  • Die Einführung des Assistenzbeitrages (Voraussetzung der Kostenneutralität) schafft willkommene Optionen zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit.

Der SAV plädiert dafür, dem vorliegenden ersten Teil der 6. IV-Revision rasch ein zweiter Teil folgen zu lassen. Dieser soll nicht nur das strukturelle Defizit der IV ab 2018 eliminieren, sondern auch die Voraussetzungen für die Rückführung der aufgelaufenen Schulden schaffen. Der SAV erachtet eine rasche Verabschiedung der Revision als vordringlich, damit der neue Finanzierungsmechanismus möglichst bald angewendet werden kann.