Die EU will die Unternehmen ethischer und verantwortungsbewusster machen

8. April 2011 News

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 5. April das Grünbuch zur Führung (Corporate Governance) börsennotierter Unternehmen in der EU. Dieses stellt Massnahmen und Mechanismen zur Verbesserung bestehender Corporate Governance zur Diskussion und zielt darauf ab, Verhaltenskodizes effektiver und durchsetzbarer zu gestalten.

Hauptziel des Konsultationsdokuments ist, eine breite Debatte über die Unternehmensführung anzuregen. Michel Barnier, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, beabsichtigt damit die Unternehmenskultur zu verändern, um eine bessere Unternehmensführung zu fördern und dadurch  die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu steigern. Die Finanzkrise hat deutliche Mängel in der Unternehmensführung aufgedeckt, insbesondere im Bankensektor. Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in Bereichen, in denen der Verhaltenskodex auf nationaler Selbstregulierung basiert. Aufgrund der wachsenden Bedeutung von grenzüberschreitenden Investitionen und Handel verfolgt die Kommission das Ziel, mit einem stärkeren EU-weiten Regelwerk die bestehenden nationalen Kodizes zu ergänzen. Das Grünbuch richtet sich an alle börsenkotierten Unternehmen.

Verwaltungsrat als Thema
Das Grünbuch ist in drei Kapitel unterteilt und behandelt hauptsächlich Fragen zur Verbesserung der Vielfalt und Funktionsweise des Verwaltungsrates sowie der Überwachung und rechtlichen Durchsetzung bestehender nationaler Verhaltenskodizes. Dazu kommt die Steigerung einer aktiveren Mitwirkung der Aktionäre an den Entscheidungen des Unternehmens. Das Grünbuch weist darauf hin, dass die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Geschäftstätigkeit angepasst sein muss. Um den nötigen Sachverstand sicherzustellen, wird das Festlegen von Anforderungsprofilen vorgeschlagen. So kann sichergestellt werden, dass auch Finanz- und Marketingkompetenzen im Verwaltungsrat vorhanden sind. Da erwiesen sei, dass Frauen unterschiedliche Führungsstile haben, an mehr Verwaltungsratssitzungen teilnehmen und eine positive Korrelation zwischen der Frauenvertretung und der Leistung des Unternehmens besteht, sei ein Gleichgewicht der Geschlechter im Verwaltungsrat anzustreben. Quoten reichten aber nicht aus, wenn die Unternehmen nicht auch eine Diversitätspolitik einführten.

Die internationale Zusammensetzung des Verwaltungsrates wiederum hängt von der Tätigkeit des Unternehmens und der geographischen Verbreitung zusammen.

Transparenz nationaler Verhaltenskodizes
Das letzte Kapitel konzentriert sich zum einen auf Ansätze zur Verbesserung der Transparenz nationaler Verhaltenskodizes und zum anderen auf die Stärkung des «Einhaltungs- oder Erklärungs-Prinzips» (comply or explain), das nun an seine Grenzen gestossen ist. Die Praxis hat gezeigt, dass Erklärungen der Unternehmen über Gründe der Nichterfüllung ihrer selbst aufgestellten Regeln eher unbefriedigend sind. Die Kommission prüft daher, ob es einer besseren Überprüfung der Regelumsetzung bedarf.

Bei einer Revision des Swiss Code of Best Practice («Swiss Code») wäre zu prüfen, ob die im Grünbuch der Kommission vorgestellten Ansätze zum Thema Corporate Governance nicht auch Anregungen für die Schweiz enthalten.