Arbeitgeberverband begrüsst Nein zu Behinderten-Quoten für Betriebe

16. Dezember 2010 News

Der Nationalrat lehnte es im Rahmen der 6. IV-Revision ab, Firmen dazu zu verpflichten, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Arbeitsplätze für handicapierte Menschen zu reservieren. Der Schweizerische Arbeitgeberverband begrüsst das Nein zu solchen Integrationsquoten.

Im Nationalrat zur Debatte standen ein Vorschlag der Sozialkommission des Nationalrats (SGK-N) sowie ein Antrag aus den Reihen der Grünen und SP. Die SGK-N wollte von Firmen mit mehr als 250 Arbeitsplätzen verlangen, mindestens 1% ihrer Arbeitsstellen für Handicapierte zu reservieren, denen im Rahmen der 6. IV-Revision die Rente gekürzt wurde. Diese Quote sollte bis zehn Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Gesetzes gelten. Links-Grün forderte derweil eine generelle 2-%-Quote für Firmen mit mehr als 100 Angestellten.

Bürgerliche entschieden gegen Quoten
Entschieden gegen Quoten traten SVP, FDP und BDP ein. Alle Erfahrungen aus dem Ausland hätten negative Resultate gebracht, sagten deren Vertreter. Überall wo es Quoten gebe, funktioniere die Integration von Leistungseingeschränkten schlechter als in Ländern ohne. Die nordischen Länder hätten auf Quoten verzichtet, Grossbritannien sie wieder abgeschafft.

Auch Sozialminister Didier Burkhalter sprach sich gegen Quoten aus. Er räumte ein, dass die Firmen bislang noch nicht genug täten. Doch stehe die Schweiz im internationalen Vergleich gut da, auch gegenüber Ländern mit Quoten. Mit der 6. IV-Revision würden neue Instrumente geschaffen, welche es den Firmen erleichterten, Behinderten-Arbeitsplätze zu schaffen.

Linke droht mit Referendum
Gespalten war die CVP. Es sei eine schwierige Frage, sagte ein Vertreter. Eine Mehrheit der CVP spreche sich für eine Quote aus. Denn das Ziel sei ambitiös, 16 800 IV-Rentnerinnen und IV-Rentner zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen.

Nicht an die Freiwilligkeit glauben auch die linken Parteien. Die Wiedereingliederung der Behinderten sei schon immer das Ziel der IV gewesen. Die Firmen hätten trotzdem nicht genügend Arbeitsplätze für behinderte Menschen geschaffen. Integration dürfe nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Nur mit Quoten könnten genügend Arbeitsplätze geschaffen werden. Solche Argumente und auch die Drohung mit dem Referendum nützten nichts. Der Nationalrat lehnte den Vorschlag der Kommission mit 114 zu 74 Stimmen ab. Vorher hatte die Linke mangels Aussicht auf Erfolg den eigenen Antrag zurückgezogen.

Entscheid im Sinne des Arbeitgeberverbands
Das Nein des Nationalrats zu Behinderten-Quoten ist im Sinne des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Untersuchungen unter anderem von der OECD zu den Wirkungen von gesetzlichen Integrationsquoten zeigen insgesamt eine negative Bilanz. Solche Quoten führen nicht zum angestrebten Ziel und stossen in der parktischen Umsetzung auf erhebliche Probleme. Bereits das Aufstellen der Kriterien, welche die Personen bestimmen sollen, die für die Quote gelten, ist schwierig. Die Definition von Art und Schwere der Leistungseinschränkung ist gerade bei psychischen Handicaps – und solche stehen im Rahmen dieser Revision im Vordergrund – kaum möglich.

Auch schaffen Zwang und Quoten schlechte Voraussetzungen, um Handicapierte in eine für sie angenehme Arbeitsumgebung zu integrieren. Betroffene würden in Betrieben als «Quoten-Integrierte» geduldet und ausgegrenzt. Sie würden nicht als vollwertige Mitarbeitende in die Belegschaft aufgenommen. Entgegen ihrer Zielsetzung erschweren gesetzliche Quoten den Zugang zum Arbeitsmarkt, da eine stärkere Regulierung die Bereitschaft der Arbeitgeber für Neuanstellungen generell vermindert.

Ja zu Assistenzbeiträgen
Der Nationalrat gab zudem grünes Licht für die Einführung von Assistenzbeiträgen. Diese sollen es handicapierten Menschen erlauben, für ihre Betreuung zu Hause Drittpersonen anzustellen. Für die anfallenden Kosten sollen sie von der Invalidenversicherung (IV) einen Beitrag von 30 Franken pro Stunde erhalten. Mit 106 zu 78 Stimmen lehnte es der Nationalrat aber ab, dass ein Drittel des Assistenzbeitrags für die Anstellung von Angehörigen verwendet werden darf.