Ständerat will eine gesetzliche Sozialplanpflicht einführen – ein schädlicher Eingriff in den Arbeitsmarkt

31. Mai 2012 News

Der Ständerat will bei der Revision des Sanierungsrechts eine gesetzliche Sozialplanpflicht einführen. Der Schweizerische Arbeitgeberverband lehnt diesen Eingriff in den Arbeitsmarkt ab, weil damit sozialpartnerschaftliche Regelungen unterlaufen und notwendige Restrukturierungen der Unternehmen behindert werden. Es ist zu hoffen, dass der Nationalrat den Fehlentscheid des Ständerats korrigiert.

Der Ständerat hat eine Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (SchKG) beschlossen, mit der die Sanierung von Unternehmen erleichtert werden soll. Zu diesem Zweck wird unter anderem Artikel 333b OR dahingehend geändert, dass der Übernehmer eines Betriebes im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nicht mehr – wie nach geltendem Recht – alle bisherigen Arbeitsverträge übernehmen muss.

Klarer Fehlentscheid des Ständerats
Als politischen «Ausgleich» für diese Lockerung (ohne die notabene in manchen Fällen eine Sanierung und der Erhalt eines Teils der Arbeitsplätze nicht möglich ist!) wird in den Artikel 335 h-k des Obligationenrechts für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, die mehr als 30 Mitarbeitende entlassen, die Pflicht zur Erstellung eines Sozialplans eingeführt. Ein Antrag auf Streichung dieser Sozialplanpflicht wurde vom Ständerat mit 26 zu 11 Stimmen abgelehnt.

Nach Auffassung des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) hat der Ständerat einen klaren Fehlentscheid getroffen, der den ständigen politischen Bekenntnissen zur liberalen schweizerischen Arbeitsmarktordnung eklatant widerspricht. Diese Arbeitsmarktordnung zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die Sozialplanfrage den Sozialpartnern überlassen ist. Sie haben sich in verschiedenen Gesamtarbeitsverträgen auf Regeln über die Aushandlung von Sozialplänen geeinigt und gestützt darauf differenzierte «Sozialplan-Kulturen» entwickelt, welche den branchenspezifischen Bedürfnissen und Besonderheiten Rechnung tragen.

Sozialpartnerschaftliche Steuerung als richtiger Weg
Diese sozialpartnerschaftliche Steuerung der Sozialplan-Frage ist der richtige Weg, um in einer schwierigen und stark von den jeweiligen wirtschaftlichen Umständen geprägten Materie praktikable Lösungen zu finden. Eine Uniformierung der Massnahmen zur Abfederung von Restrukturierungsmassnahmen herbeizuführen, ist dagegen falsch.

Die gesetzliche Sozialplanpflicht wird häufig als künstliches Hindernis gegen leichtfertig ausgesprochene Massenentlassungen  gefordert. Eine solche Barriere ist jedoch unter den schweizerischen Arbeitsmarktverhältnissen mit anhaltenden Knappheitserscheinungen und tiefen Arbeitslosenquoten nicht nötig. Der Eingriff in die Kündigungsfreiheit der Arbeitgeber ist vielmehr gerade im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz in hohem Masse kontraproduktiv.

Negative gesetzliche Sozialplan-Pflicht
Wie der Blick ins Ausland zeigt, führt eine gesetzliche Sozialplanpflicht zu einer starken, sozialpolitisch nicht notwendigen Verteuerung von Restrukturierungsmassnahmen und damit zu einer erheblichen Beschränkung der Arbeitsmarktflexibilität. Unter dem Regime rigider Sozialplanverpflichtungen zögern die Unternehmen länger mit Personaleinstellungen, weil sie die Kosten später eventuell nötiger Abbaumassnahmen fürchten.

Dieser faktische «Lock-out-Effekt» gesetzlicher Sozialplanverpflichtungen lässt sich an den markanten Unterschieden zwischen den Arbeitslosenzahlen in den «Sozialplanländern» (z.B. Spanien) und in der Schweiz ablesen. Während diese Länder die Folgen ihrer verkrusteten Arbeitsmärkte beklagen, ist die Schweiz gerade wegen ihres liberalen Arbeitsrechts auch für internationale Unternehmen ein attraktiver Standort. Das schweizerische System hat per Saldo auf längere Frist deutlich positive Beschäftigungseffekte und ist damit auch für die Beschäftigten vorteilhaft.

Absurde Logik
Die vorgeschlagene Verknüpfung von Erleichterungen im Sanierungsrecht (SchKG) mit der Einführung einer Sozialplanpflicht im Recht der Massenentlassungen (OR) folgt schliesslich auch einer absurden Logik: Die grösseren gesunden Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitenden), die sich aus eigener Kraft restrukturieren, sollen den Preis bezahlen für die leichtere Rettung  jener Unternehmen, die nur noch mit Hilfe des gesetzlichen Sanierungsinstrumentariums überleben können.