IV-Revision: Ständerat buchstabiert beim Sanierungsziel zurück

20. Dezember 2011 News

Der Ständerat stimmte der zweiten Etappe der 6. IV-Revision mehrheitlich zu – allerdings mit Abstrichen. Zudem wich er beim Sparpotenzial massiv vom ursprünglichen Sanierungsziel ab. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Ziel der IV-Revision 6b ist es, die defizitäre Versicherung ins Gleichgewicht zu bringen und die Schulden von 15 Mrd. Franken zurückzuzahlen. Zudem sind falsche Anreize zu korrigieren: Arbeit soll sich lohnen. Aus diesem Grund soll das heutige vierstufige Rentensystem durch ein stufenloses abgelöst werden (Elimination so genannter Schwelleneffekte).

Der Ständerat stimmte der Revision mit 30 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Er unterstützte damit die Änderung des Rentensystems, was zur Förderung der Wiedereingliederung beiträgt. Ein Rentenanspruch entsteht auch mit dem neuen System ab einer Invalidität von 40%. Wer zu 40% invalid ist, erhält eine 25-Prozent-Rente. Bei einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 49% steigt die Rente pro IV-Grad um 2,5%, ab 50% entspricht sie jeweils dem IV-Grad. Eine volle Rente gibt es aber erst ab einem Invaliditätsgrad von 80% statt wie bisher 70%.

Ständerat will laufende Renten nicht antasten
Im Unterschied zum Bundesrat will der Ständerat das neue System jedoch nur auf Neurenten und nicht auf laufende Renten anwenden. Damit werden 80 Mio. Franken weniger gespart als mit der Variante des Bundesrats. Zugestimmt hat die kleine Kammer einer Kürzung der Kinderrenten. Heute erhalten IV-Rentenbezügerinnen und -bezüger für ihre Kinder eine Rente von 40% der IV-Rente, die dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen entspricht. Künftig sollen es 30% sein.

Für eine Stabilisierungsregel
Schliesslich hat der Ständerat der Einführung einer so genannten Stabilisierungsregel zugestimmt, welche das finanzielle Gleichgewicht der IV langfristig sichern soll. Der Mechanismus sieht Massnahmen für den Fall vor, dass die Versicherung in finanzielle Schieflage gerät. Sinken die Mittel unter eine bestimmte Grenze, muss der Bundesrat den Beitragssatz um 0,1 Lohnprozente erhöhen. Zudem wird die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung sistiert. Die IV-Rente muss jedoch mindestens 95% der von der AHV ausgerichteten Rente entsprechen und spätestens nach fünf Jahren wieder an die Preisentwicklung angepasst werden.

Sparpotenzial umfasst nur noch 250 Millionen
Damit weicht die von der kleinen Kammer verabschiedete Vorlage massiv vom ursprünglichen Sanierungsziel ab. Enthielt die Vernehmlassungsvorlage noch ein Sparpotenzial von 700 Mio. Franken, wurde bereits in der bundesrätlichen Botschaft auf 325 Mio. Franken zurückbuchstabiert. Die vom Ständerat verabschiedete Vorlage enthält noch ein Sparpotenzial von 250 Mio. Franken. Sie geht nun in den Nationalrat.

SAV warnt vor Nachlässigkeit
Nach Meinung des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) gefährdet die in der kleinen Kammer verabschiedete Vorlage die Sanierung der IV, weicht sie doch vom ursprünglichen Sparziel massiv ab. Stets ist in Erinnerung zu rufen, dass einerseits die per 1. Januar 2011 erfolgte Mehrwertsteuer-Erhöhung auf sieben Jahre befristet und der Erfolg der per 1. Januar 2012 in Kraft tretenden IV-Revision 6a offen ist.

Wenn dennoch über den Rechnungsausgleich hinaus bis neu 2026 auch der geforderte Schuldenabbau von 15 Mrd. Franken erreicht werden soll, dann müssen sich grundlegende Bestimmungsgrössen der IV-Rechnung bedeutend besser entwickeln, als bisher angenommen. Eine IV-Sanierung, die vor dem Ziel stehen bleibt, ist in niemandes Interesse.