OECD stellt Handlungsbedarf bei der Schweizer Altersvorsorge fest

6. November 2019 News

Die Wirtschaftsorganisation OECD empfiehlt, die Altersvorsorge in der Schweiz der demografischen Entwicklung anzupassen. In einem ersten Schritt sei das Rentenalter der Frauen an jenes der Männer anzugleichen, in einer nächsten Etappe schrittweise für beide Geschlechter auf 67 anzuheben. Damit rennt die OECD beim Schweizerischen Arbeitgeberverband offene Türen ein.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gibt der Schweizer Altersvorsorge gute Noten: Derzeit würde das Rentensystem hierzulande ein angemessenes Einkommen im Ruhestand ermöglichen. Doch sei das künftig aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr gewährleistet, mahnen die Autoren des «OECD-Wirtschaftsbericht Schweiz». Denn eine sinkende Geburtenrate, gekoppelt an eine längere Lebenserwartung, führe zu einer Verringerung des erwerbstätigen Bevölkerungsanteils. Dieser Teil müsse mit seinem Einkommen die Finanzierung der Sozialversicherungen und weitere gesellschaftliche Kosten sicherstellen. Zeitgleich wachse der Anteil der Bevölkerung, der von angesparten Einkommen und Beiträgen der Sozialversicherungen leben müsse – und dies für eine längere Zeit als früher. Der Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen in der Schweiz werde in den kommenden Jahrzehnten auf 30 Prozent steigen, rechnet die OECD vor. Damit werde die Finanzierung der Renten auf immer weniger Schultern verteilt. Anpassungen an den demografischen Wandel seien dringend. Deshalb fordert die Wirtschaftsorganisation verschiedene Massnahmen, um das Rentenniveau auch künftig zu gewährleisten.

Korrekterweise folgert die OECD daraus, dass das Rentenalter erhöht werden muss. In einem ersten Schritt soll das gesetzliche Rentenalter der Frauen an jenes der Männer, auf 65 Jahre, angeglichen werden. In einer zweiten Etappe müsse das Rentenalter für alle auf 67 Jahre erhöht werden. Für eine langfristig und nachhaltige Finanzierung der Altersvorsorge empfiehlt die Wirtschaftsorganisation, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Und für die Entlastung der zweiten Säule schlägt die OECD einen tieferen Mindestumwandlungssatz vor.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) begrüsst den Weckruf der OECD. Die Arbeitgeber rufen die Politik schon seit Längerem dazu auf, sich mit der Realität der Alterung ernsthaft auseinanderzusetzen und entsprechende strukturelle Anpassungen vorzunehmen. Denn die demografische Herausforderung ist nicht erst seit dem OECD-Bericht bekannt.

Der SAV hat seine Verantwortung wahrgenommen. Zusammen mit zwei nationalen Dachorganisationen der Arbeitnehmer hat er einen Vorschlag zur Modernisierung der beruflichen Vorsorge (BVG), den Sozialpartnerkompromiss, erarbeitet. Der Kompromiss kommt den Empfehlungen der OECD auffallend nahe. Der Sozialpartnerkompromiss sieht ebenfalls vor, den Mindestumwandlungssatz zu senken. Dank Kompensationsmassnahmen kann das Rentenniveau gehalten werden. Nun ist dieser Kompromiss rasch umzusetzen.

Ein schnelles Vorgehen fordert der SAV auch bei der AHV. Die vom Bundesrat vorgeschlagene AHV-Reform (AHV 21) braucht jedoch zentrale Korrekturen, damit das Ziel der nachhaltigen Sicherung erreicht werden kann. Angepasst werden müssen unter anderem die Anreizmassnahmen für die älteren Fachkräfte, damit diese freiwillig länger im Arbeitsmarkt bleiben. Dafür braucht es einen höheren Freibetrag für erwerbstätige AHV-Bezüger. Darüber hinaus ist auf eine weitere Flexibilisierung des AHV-Bezugs zu verzichten, zumal der bundesrätliche Vorschlag dazu führen würde, dass die Frühpensionierung gegenüber heute massiv attraktiver wird.

Der OECD-Bericht zeigt einmal mehr, dass es für die Altersvorsorge in der Schweiz schnelle und nachhaltige Reformen braucht. Aus heutiger Sicht ist klar, dass die generelle Anpassung des Rentenalters an die demografische Realität unumgänglich ist. Entsprechend ist die Reform AHV 21 erst der Anfang: Ab Mitte der 2020er-Jahre braucht es eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters, über 65 Jahre hinaus.

Der SAV ruft das neu gewählte Parlament dazu auf, den Weckruf der OECD ernst zu nehmen und sich der notwendigen Massnahmen zur nachhaltigen Sicherung unserer Altersvorsorge endlich anzunehmen.