Wie bei der gescheiterten umfassenden Altersvorsorgereform (AV 2020) setzt der Bundesrat bei der Botschaft zur AHV-Reform (AHV 21) in erster Linie auf Zusatzeinnahmen. Als strukturelle Massnahme ist einzig die auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) geforderte Angleichung des Rentenalters auf 65 Jahre vorgesehen. Die finanzielle Entlastung dieser Angleichung würde jedoch aufgrund der geplanten Ausgleichszahlungen von jährlich 700 Millionen Franken weitgehend verpuffen. Die Arbeitgeber sind aus politischen Gründen aber dazu bereit, Ausgleichszahlungen von maximal 400 Millionen Franken für die vier unmittelbar von der Erhöhung des Rentenalters betroffenen Jahrgänge mitzutragen.
Das milliardenschwere Finanzierungsloch in der AHV weitgehend über Zusatzfinanzierungen in Form einer satten Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte stopfen zu wollen, ist aus Sicht der Arbeitgeber unrealistisch. Darunter würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft mit ihren zahlreichen KMU leiden. Auch den Bürgern, namentlich dem Mittelstand, würden unzumutbare Belastungen aufgebürdet. Die Arbeitgeber fordern deshalb eine Anpassung der Vorlage mit einem ausgewogenen Mix aus leistungs- und einnahmeseitigen Massnahmen, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um moderate 0,3 Prozentpunkte enthalten soll. Das oberste Ziel muss sein, das Rentenniveau zu halten, ohne die Generationensolidarität einer noch grösseren Belastung auszusetzen.
Die AHV 21 muss eine längere Erwerbstätigkeit belohnen
Angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels muss das Parlament die Vorlage zudem um eine gezielte Anreizmassnahme für den freiwilligen längeren Verbleib im Arbeitsmarkt anreichern. Die Arbeitgeber fordern die längst fällige Erhöhung des seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr der allgemeinen Kostenentwicklung angepassten Freibetrags für erwerbstätige AHV-Bezüger von 1400 Franken auf 2000 Franken pro Monat. Der Freibetrag spielt in der persönlichen Beurteilung von Menschen im AHV-Alter, ob und in welchem Umfang sie weiterarbeiten wollen, eine wichtige Rolle.
Sogar Fehlanreize setzt der Bundesrat, indem er den Vorbezug der AHV und damit die vorzeitige Pensionierung noch attraktiver macht. Dies führt zu jährlichen Mehrkosten von über 300 Millionen Franken, die zur Sicherung der AHV-Renten auf heutigem Niveau fehlen (siehe Grafik).
Grafik: Der Bundesrat will den Rentenvorbezug mit der AHV 21 attraktiver machen und versäumt es, echte Anreize für die freiwillige Weiterarbeit über das Pensionsalter hinaus zu schaffen.
Tempo und Korrekturen gefordert
Die eidgenössischen Räte müssen das Geschäft jetzt mit sachlicher und zeitlicher Priorität behandeln und die notwendigen Korrekturen einbauen. Denn die ursprünglich als AHV 21 geplante Revision muss wenigstens noch per 2022, quasi als AHV 22, in Kraft treten und die AHV bis mindestens Mitte der 2020er-Jahre stabilisieren. «Ein weiterer Aufschub wäre unverantwortlich, zeichnet sich doch ohne erste strukturelle Massnahmen bereits im Jahr 2023 wieder ein Umlagedefizit von einer halben Milliarde Franken ab», betont Martin Kaiser, SAV-Ressortleiter Sozialversicherungen und Sozialpolitik (siehe Tabelle).
Tabelle: Ohne ein rasches Inkraftsetzen der AHV 21 mit ersten strukturellen Massnahmen wird die AHV trotz der mit der STAF-Abstimmung beschlossenen Finanzspritze schon bald jährliche Defizite in Milliardenhöhe einfahren.
Die Hintergründe der Arbeitgeberforderungen und die Berechnungen sind ausführlich im Positionspapier «AHV-Reform – Jetzt!» nachzulesen.
Weitere Auskünfte
- Roland A. Müller, Direktor, Tel. 079 220 52 29, roland.mueller@arbeitgeber.ch
- Martin Kaiser, Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherungen, Tel. 079 517 68 26, kaiser@arbeitgeber.ch