Ein Zeichen setzen für die Berufsbildung

17. Januar 2011 News

Der Bundesrat hat die Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) für das Jahr 2012 an die eidgenössischen Räte überwiesen. Der Schweizerische Arbeitgeberverband plädiert dafür, die Mittel des Bundes für die Berufsbildung angesichts der aktuellen Herausforderungen aufzustocken.

Anfang Dezember hat der Bundesrat die Botschaft über die BFI-Förderung für 2012 überwiesen. Die Finanzbeschlüsse beinhalten alle nationalen Massnahmen bei Berufsbildung, Hochschulen (ETH-Bereich, kantonale Universitäten, Fachhochschulen), Forschung und Innovation. Dabei handelt es sich um eine Zwischenbotschaft, welche die Ziele und Massnahmen aus den Jahren 2008 bis 2011 im Wesentlichen fortschreibt. Für die Berufsbildung sind die Bundesmittel  jedoch auf das gesetzliche Richtmass von 25% der Kosten der öffentlichen Hand, das heisst um rund 100 Mio. aufzustocken. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) erachtet diesen Schritt aufgrund der aktuellen Herausforderungen bei der Berufsbildung als absolut notwendig. Auch politisch muss ein Zeichen zugunsten der Berufsbildung gesetzt werden.

Bildung prioritär behandeln
Der SAV erachtet eine exzellente Bildung, Ausbildung und Weiterbildung als wichtige Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz und die Förderung der Chancengerechtigkeit. Sämtliche Bereiche, welche über diese Botschaft gefördert werden, sind von hoher Wichtigkeit und daher auch weiterhin – wie vom Bundesrat vorgeschlagen  – als prioritär zu behandeln.

Für die Kredite, welche es im Bereich der Berufsbildung zu beurteilen gilt, sind folgende Faktoren hervorzuheben:

  • Die gesetzliche Richtgrösse für die Bundesbeteiligung wird nicht erreicht
    Der Artikel 59 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBG) legt für den Bundesanteil an der Berufsbildung eine Richtgrösse von 25% der Berufsbildungskosten der öffentlichen Hand fest. Um diesen Wert zu erreichen, müssten die Bundesmittel um rund 100 Mio. Franken (+13%) auf 875 Mio. Franken erhöht werden. Mit dem in der Botschaft vorgesehenen Betrag von 774,1 Mio. Franken dürfte der Bundesanteil gemäss aktuellen Prognosen dagegen lediglich 22,2 % erreichen und erstmals seit Jahren wieder sinken! Damit tragen die Kantone weiterhin mehr als die vorgesehene Richtgrösse von 75% der Berufsbildungskosten der öffentlichen Hand. Dies schränkt ihren Spielraum für die nachstehend  erwähnten, dringend nötigen Investitionen in der Berufsbildung weiterhin ein.
  • Die Attraktivität der Berufsbildung muss gesteigert werden
    Berufsbildungsaktivitäten sind für die öffentliche Hand sehr kostengünstig, wird doch ein Grossteil der Bildungsinvestitionen von den Arbeitgebern übernommen. Auch die Studierenden der höheren Berufsbildung leisten substantielle Eigenbeiträge. Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Berufsbildung insgesamt sowie besonders für leistungsstarke Jugendliche sind nicht nur aus arbeitsmarktökonomischen Gründen nötig («Talentwettbewerb» zwischen der Berufsbildung und den Gymnasien verhindert Abwanderung in Gymnasien), sondern verhindern auch unnötig hohe Ausbildungskosten für die öffentliche Hand.
  • Die Zahl der Abschlüsse auf Sekundarstufe II muss erhöht werden
    Bund, Kantone und Spitzenorganisationen der Sozialpartner haben sich das sozialpolitisch und bildungspolitisch wichtige Ziel gesetzt, die Zahl der Abschlüssen auf Sekundarstufe II bis 2015 auf 95% zu erhöhen. Das ist u.a. die beste Prävention gegen Arbeitslosigkeit. Die Erfassung der 10% Jugendlichen, welche über keinen nachobligatorischen Abschluss verfügen, ist mit überproportionalen Kosten verbunden. Diese verlangen nach einer entsprechenden Finanzierung.
  • Die höhere Berufsbildung muss gestärkt werden
    Die für die Wirtschaft eminent wichtige Höhere Berufsbildung wurde im Schatten der Reformen der beruflichen Grundbildung und der Fachhochschulen vom Gesetzgeber vernachlässigt. Es besteht klarer Handlungsbedarf sowohl bezüglich der internationalen Positionierung als auch bezüglich der Finanzierung der Höheren Berufsbildung. Entsprechende Massnahmen des Bundes müssen rasch eingeleitet und implementiert werden. Die Kantone benötigen zusätzlichen finanziellen Spielraum. Damit sollen die wichtige interkantonale Vereinbarung zu den höheren Fachschulen (HFSV) umgesetzt und die heutige finanzielle Unterstützung der Vorbereitungskurse zu den Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen bis zu einer definitiven Ordnung dieser Bereiche fortgesetzt werden. Kommt es hier nicht zu einer Verbesserung der Situation oder müssten gar Rückschritte verzeichnet werden, muss mit unerwünschten Erosionserscheinungen in der höheren Berufsbildung gerechnet werden (z.B. Umwandlungen von Angeboten der höheren Berufsbildung in Nachdiplomstudien von Fachhochschulen etc.). Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die viel geringere öffentliche Finanzierung dieses Tertiärbereichs im Vergleich zu den Hochschulen in weiten Kreisen – zu Recht – nicht mehr akzeptiert wird.
  • Die internationale Anerkennung fördern
    Angesicht der zunehmenden Mobilität der Arbeitskräfte müssen die internationale Wertschätzung des erfolgreichen schweizerischen Berufsbildungssystems und die Anerkennung seiner Abschlüsse im Ausland unbedingt verbessert werden. Dazu bedarf es besonderer Anstrengungen und sind auch die nötigen Mittel im Bereich der Bilateralen und multinationalen Zusammenarbeit sicher zu stellen.
  • Den gesetzlichen und verfassungsmässigen Auftrag erfüllen
    Seit Einführung des neuen Berufsbildungsgesetzes (2004) und der damit verbundenen leistungsorientierten Pausschalsubventionierung wurde der Bundesanteil von 25% an den öffentlichen Berufsbildungsausgaben nie erreicht. Damit  perpetuiert der Bund die bestehende Diskrepanz zur Finanzierung  anderer Bildungsbereiche, was sowohl Art. 59 Abs.2 BBG als auch dem Grundsatz von Art. 61a. Abs. 3 der Bundesverfassung widerspricht.

Die Erreichung des 25%-Anteils an den Kosten der öffentlichen Hand für die Berufsbildung ist sachlich absolut nötig und politisch ein wichtiges Signal zugunsten der Berufsbildung. Deshalb ist nach Meinung des SAV die Erhöhung der vorgeschlagenen Bundesmittel um rund 100 Mio. (+13%) auf 875 Mio. Franken unabdingbar. Nach Erreichen dieses Zielanteils dürften dann weitere Mittel lediglich im Rahmen der Teuerung benötigt werden.