Verhaltener Hoffnungsschimmer am Horizont der Sozialversicherungen

2. Juli 2020 News

Am Donnerstag hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) seine jüngsten Schätzungen der Finanzperspektiven für die wichtigsten Sozialversicherungen AHV, IV und EO publiziert. Im Kern gehen diese davon aus, dass die Corona-Krise kurzfristig zwar zu erheblichen Einbussen führen wird, sich die Effekte aber mittelfristig relativieren werden. Die Arbeitgeber nehmen diese Einschätzung mit verhaltenem Optimismus auf.

In regelmässigen Abständen publiziert das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) sogenannte Finanzperspektiven für die wichtigsten Sozialversicherungen, allen voran die AHV, IV und EO. Die jüngsten Zahlen vom Donnerstag stehen dabei ganz im Zeichen der Auswirkungen der Covid-19-Krise. Im Vordergrund steht die Frage, wie sich die Krise, die schwergewichtig durch Lohnbeiträge erfolgt, auf die Finanzierung der Sozialwerke auswirken wird. An dieser Stelle geht das BSV davon aus, dass die jetzige Situation die wirtschaftliche Entwicklung nur kurzfristig in Mitleidenschaft zieht, die Beiträge aber ab rund 2025 wieder auf dem Vorkrisenniveau zu liegen kommen. Auf der Leistungsseite, das heisst bei den finanziellen Abflüssen aus den Versicherungsteilen, wird hingegen kaum mit Auswirkungen gerechnet.

Für die AHV bedeutet dieses Szenario, dass sich das jährliche Umlageergebnis (Einnahmen minus Ausgaben) kurzfristig um rund 1 Milliarde Franken verschlechtert und trotz Finanzspritze der STAF-Vorlage (Steuerreform und AHV-Finanzierung) negativ ausfällt. Nimmt man die voraussichtlichen Anlageverluste aufgrund der Marktturbulenzen hinzu, ergibt sich kurzfristig ein Loch von rund 3 Milliarden Franken. Mit einer Erholung wird in circa 5 Jahren gerechnet. Auch bei der IV wird das gegenwärtig negative Umlageergebnis durch die Krise beibehalten. Der ursprünglich ab 2025 in Aussicht gestellte Abbau der Schulden in der Höhe von rund 10 Milliarden Franken rückt damit weiter in die Ferne. In der Summe wird hier ebenfalls mit Auswirkungen in der Grössenordnung von 3.5 Milliarden Franken gerechnet. Von der Krise kaum beeinflusst ist hingegen die EO. Auch dort sind gemäss den Prognosen zwar die Rückgänge bei den Lohnbeiträgen spürbar, allerdings in deutlich reduziertem Ausmass. Zudem wird der Covid-Erwerbsersatz direkt durch den Bund und nicht über die EO abgewickelt.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) teilt die Einschätzung, dass sich die finanziellen Auswirkungen der Covid-Krise auf die Sozialversicherungen vorderhand in Grenzen halten werden. Jedenfalls werden die immensen Unterstützungsmassnahmen des Bundes nicht zuletzt auch die Löhne und damit die Lohnbeiträge an die Sozialwerke stützen. Allerdings gibt der SAV zu bedenken, dass diese Massnahmen temporärer Natur sind und nicht alle Ausfälle werden verhindern können. Hinzu kommt, dass die finanzielle Lage der Sozialversicherungen stark von der Entwicklung des Arbeitsmarktes und insbesondere von der Zuwanderung abhängig ist. Aufgrund der herrschenden Unsicherheiten lassen sich hierzu aus Sicht der Arbeitgeber kaum verlässliche Prognosen erstellen. Klar bestehen bleibt hingegen die teilweise arge finanzielle Schieflage, insbesondere bei der AHV und der IV. Für beide Einrichtungen werden damit umfassende und vor allem strukturelle Massnahmen unausweichlich.