Überragendes BVG übertrifft sämtliche Erwartungen

4. Juni 2018 Meinungen

Allen Unkenrufen zum Trotz: Unsere Altersvorsorge zählt zu den leistungsfähigsten Systemen weltweit. Dabei stellt das BVG einen tragenden Pfeiler des sorgfältig austarierten Drei-Säulen-Systems dar. Wie die neue Studie von c-alm belegt, übertrifft das BVG seit seiner Schaffung sogar die AHV punkto Leistungsfähigkeit deutlich. Allerdings gab es auch Zeitabschnitte, in denen das Lohnsummenwachstum weit über der Kapitalmarktrendite lag. In diesen Phasen war die Effizienz der AHV höher.

Die Studie zeigt glasklar: Die beiden Säulen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die grosse Stärke unseres Vorsorgesystems liegt just in der Verbindung von Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren. Je nach Umfeld ist einmal die AHV im Vorteil, einmal das BVG. Aufgrund dieses Risikoausgleichs verwundert nicht, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das System als mustergültig bezeichnet. Die alternde Gesellschaft stellt aber auch unser bewährtes Vorsorgesystem in den nächsten 20 Jahren vor eine Herkulesaufgabe. Manche Kreise versuchen, dies krampfhaft zu verdrängen und wollen das Umlageverfahren der AHV auf Kosten des BVG stärken. Das ist eine geradezu abenteuerliche Forderung.

 

Die Behauptung, die berufliche Vorsorge sei deutlich weniger effizient, wird damit ein für alle Mal Lügen gestraft.

Gegenwärtig tragen noch knapp vier Erwerbstätige mit ihren Beiträgen zur Finanzierung einer AHV-Rente bei, gegenüber zwei im Jahr 2035. Hinzu kommt, dass die sorgfältig ermittelten Schätzungen der Experten für die berufliche Vorsorge in Zukunft eine Rendite von rund zwei Prozent erwarten lassen, während für die AHV maximal mit der Hälfte davon zu rechnen ist. Dabei sind auch die für die Verwaltung der Systeme anfallenden Kosten berücksichtigt. Die Umlagefinanzierung kommt also noch gewaltiger unter Druck als das Kapitaldeckungsverfahren. Die Behauptung, die berufliche Vorsorge sei deutlich weniger effizient, wird damit ein für alle Mal Lügen gestraft.

Doch es kommt noch dicker: Das BVG hat gemäss der c-alm-Studie sein sozialpolitisches Leistungsziel einer Ersatzquote von mindestens 34 Prozent seit zwei Dekaden aufgrund der hohen realen Verzinsung deutlich übertroffen. Die BVG-Ersatzquote bezeichnet die Rentenleistung der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge in Prozent des versicherten BVG-Lohns. Seit 2003 liegt sie laut der Studie bei mindestens 41 Prozent. Und das soll sich auch in Zukunft nicht ändern. Somit hätte ein Mindestumwandlungssatz von 5,7 Prozent bereits seit 2003 zu einer Ersatzquote von immer noch mindestens 34 Prozent geführt.

Klare Worte finden die Experten der Studie aber auch zur Umverteilung von Jung zu Alt: Sie sei im BVG gegenwärtig derart stark, dass ohne Übertreibung von einer Ausbeutung der jüngeren Generationen gesprochen werden könne. Jeder Arbeitgeber mit einem rein obligatorischen BVG-Plan sollte sich dieser stossenden Ungerechtigkeit bewusst sein. Planmässige Umverteilungen zwischen den Generationen müssen auf ein Minimum reduziert werden.

Die Experten deuten unmissverständlich auf einen weiteren wunden Punkt, der immer verhängnisvoller wird: Die politischen Vorgaben sollten sich auf politische Ziele fokussieren – namentlich das sozialpolitische Ziel – statt auf technische Parameter. Nur so kann sichergestellt werden, dass die persönlich haftenden Stiftungsräte in Zukunft in den Vorsorgeeinrichtungen tatsächlich wieder ihre Verantwortung wahrnehmen können. Werden ihnen heute stattdessen falsche, aber entscheidende Parameter wie ein komplett überhöhter Mindestumwandlungssatz oder ein politisch orchestrierter zu hoher Mindestzins vorgegeben, so klaffen Aufgabe, Kompetenzen und Verantwortung offensichtlich auseinander. Dies in Einklang zu bringen, muss ein prioritäres Anliegen für künftige Reformschritte sein.

Aus dem Plädoyer der Studie für das BVG abzuleiten, die berufliche Vorsorge sei nun auf Kosten der AHV zu stärken, wäre ebenso verkehrt wie das Gegenteil. Denn sozialpolitisch ist die AHV mit ihrem gigantischen Umverteilungsmechanismus unverändert von grosser Bedeutung – besonders für tiefere Einkommen. Dies hält die Studie ebenfalls fest. Es ist daher an der Zeit, die Polemiken zu beenden und die beiden Säulen nicht länger gegeneinander auszuspielen. Stattdessen müssen sich die Sozialpartner nun ernsthaft um die Zukunft der tragenden beruflichen Vorsorge kümmern – im Interesse sicherer Renten trotz der demografischen Herausforderung. Allerdings sind nun echte Lösungen für das BVG gefragt statt Scheinlösungen, wie sie die Reform Altersvorsorge 2020 gebracht hätte. Denn aufgrund der langen Übergangsfristen mit Besitzstandgarantie hätte die Reform erst in mehr als 20 Jahren ihre Wirkung entfaltet – und dann erst noch eine Bescheidene.