«Psychische Belastung durch Arbeit nicht erhöht»

12. April 2012 News

Entgegen der Volksmeinung hat sich die psychische Gesundheit der Schweizer Bevölkerung während der letzten Jahre kaum verändert. Auch die arbeitsbezogene psychische Belastung habe sich nicht erhöht, teilt das Schweizerische Gesundheitsobservatorium Obsan mit.

Obsan kommt in seinem Monitoring-Bericht 2012 zum Schluss, dass in der Schweiz jeder oder jede Sechste unter einer psychischen Störung leidet. So sei es bei 17% der Bevölkerung wahrscheinlich, dass diese Menschen an einer psychischen Störung leiden. Dabei seien gut 4% stark und weitere 13% mittel belastet.

Unterschiede nach Geschlecht
Unterschiede zeigen sich unter anderem bei den Geschlechtern und bei der Altersstruktur. Frauen und Jüngere leiden öfter unter psychischen Störungen als Männer und Ältere. Bei Depressionen wiederum seien von schwachen Symptomen vor allem Frauen und ältere Menschen betroffen. Bei mittleren und starken Depressionen konnten im Monitoring aber keine Unterschiede bei Alter und Geschlecht ausgemacht werden.

Wie der Bericht weiter zeigt, fühlten sich die meisten aber wohl. Drei von vier Einwohnern und Einwohnerinnen fühlten sich «häufig oder sehr häufig voller Kraft, Energie und Optimismus», schreibt Obsan. Der Monitoring-Bericht basiert grösstenteils auf bereits existierenden Datenbeständen, die meisten Daten stammten von der Schweizerischen Gesundheitsbefragung des Bundesamts für Statistik.

Arbeit und psychische Gesundheit
Die Mehrheit der Erwerbstätigen ist gemäss Obsan mit ihrer Arbeitssituation (sehr) zufrieden. Der Anteil berichteter psychischer Belastung bei der Arbeit ist zwischen 2002 und 2007 etwas gesunken, und zwar von 44,7% auf 41,9%. Dieser Rückgang sei sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen zu verzeichnen. «Dies steht somit etwas im Widerspruch zu der häufig vertretenen Auffassung, dass die psychische Belastung bei der Arbeit aufgrund steigender Anforderungen zunimmt», schreibt Obsan.

Interessant sei, wie die Ergebnisse der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2012 diesbezüglich ausfallen würden. Dies vor dem Hintergrund der 2008 einsetzenden Wirtschaftskrise, welche in der Schweiz unter anderem zu Entlassungen und Kurzarbeit führte.

«Wichtig für die Identitätsbildung»
Laut Gesundheitsobservatorium ist die Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft nicht nur für die Sicherung der Existenz wichtig, sondern sie ist auch für die psychosoziale Entwicklung, für Identitätsbildung und Integrität von Bedeutung: «Die Partizipation am Arbeitsprozess kann im günstigen Fall das Selbstwertgefühl des Individuums fördern, ihm Autonomie und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit vermitteln.»

Nach dem aktuellen kulturellen Selbstverständnis sei die Erwerbsarbeit die zentrale Verbindung zwischen der Gesellschaft und dem Individuum, so Obsan. Das heisse, Erwerbstätigkeit sei entscheidend für die Wahrnehmung gesellschaftlicher Zugehörigkeit.