Die Diskussion über die Revision der Verordnung für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung hat in den letzten Wochen hohe Wellen geschlagen. Auch die Politik hat sich jüngst in die Diskussion der Verbundpartnerschaft eingeschaltet. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat nun einen Kompromiss für die Ausgestaltung des Qualifikationsverfahrens im allgemeinbildenden Unterricht (ABU) vorgeschlagen und dazu heute eine Medienkonferenz abgehalten.
Richtigstellung von Falschaussagen wichtig
An der Medienkonferenz wurden die Revision genauer beleuchtet und einige Falschaussagen, die in der Öffentlichkeit kursierten, richtiggestellt. Unter anderem hat das SBFI darauf hingewiesen, dass die Stärkung der Allgemeinbildung ein wichtiges Ziel der Reform sei und dies nicht allein mit der Art der Schlussprüfung erreicht werden soll. Die Definition der neu geschaffenen Schlüsselkompetenzen und Aspekte der Lernbereiche «Gesellschaft» sowie «Sprache und Kommunikation» aber auch die erhöhte Koordination auf Stufe der Kantone soll die Qualitätssicherung und die Verbindlichkeit entscheidend stärken. Bei der Frage des Qualifikationsverfahrens sei es den Experten wichtig gewesen, bewusst die Prüfungen und den Unterricht während des Semesters zu fördern und mit mündlichen Schlussprüfungen den Anforderungen an die Kompetenzorientierung gerecht zu werden.
Auch die Politik hat sich jüngst in die Diskussion rund um die Abschlussprüfungen eingeschaltet. In den entsprechenden Ratskommissionen (WBK-N und WBK-S) hat sich eine Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die schriftliche Schlussprüfung ein wichtiger Bestandteil des Qualifikationsverfahrens für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung bleiben soll. Die WBK-S schlägt als Alternative bzw. Kompromiss vor, den Kantonen die Wahl der Prüfungsform für die Schlussprüfung (schriftlich oder mündlich) zu überlassen, so wie dies beispielsweise auch bei den Schlussprüfungen der Ergänzungsfächer bei der Matura der Fall ist.
Wahlmöglichkeit in Bezug auf die Schlussprüfung
Das SBFI sieht nun vor, die Möglichkeit einer schriftlichen oder mündlichen Schlussprüfung zu schaffen. Dies würde den Kantonen erlauben, entweder die Schlussarbeit mit einer mündlichen Schlussprüfung zu kombinieren oder die Schlussarbeit und eine schriftliche Schlussprüfung zu absolvieren. Die erste Variante entspricht der Grundidee der Revision. Ziel ist es, dass mit der Schlussarbeit und der Schlussprüfung (mündlich oder schriftlich) je nach Anzahl Lehrjahren eine Minimalmenge an Schlüsselkompetenzen sowie Aspekte der Lernbereiche «Sprache und Kommunikation» sowie «Gesellschaft» abgedeckt werden.
Eine Schlussprüfung ist für den SAV wichtig, die Form sekundär
Aus Sicht des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) haben sowohl schriftliche als auch mündliche Prüfungen gerade bei der Umsetzung von kompetenzorientierten Prüfungen Vor- und Nachteile, mit welchen sich die Spezialistinnen und Spezialisten in diesem Projekt auseinandergesetzt haben. Wichtig ist, dass es nach wie vor eine Abschlussprüfung gibt. So werden die Lernenden bewusst darin gefördert, ihre Arbeit zu verteidigen und ihr Wissen zu einem bestimmten Zeitpunkt abrufen zu können. Dies wird im späteren Berufs- und Privatleben mündlich oder schriftlich immer wieder verlangt. Die Form der Schlussprüfung in der Allgemeinbildung spielt für den SAV aber eine untergeordnete Rolle.
Beim zweiten schulischen Gefäss der Berufsbildung, der Berufskunde, sollten die Qualifikationsverfahren zwingend weiterhin berufsspezifisch gestaltet werden. Im Gegensatz zur Allgemeinbildung gibt es in der Berufskunde national definierte Kompetenzen und bei schriftlichen Prüfungen schweizweit einheitliche Prüfungen. Wichtig ist, dass der Abschluss, insbesondere auch mit der praktischen Prüfung, vom Arbeitsmarkt akzeptiert wird und somit der Übergang für die Lernenden reibungslos funktioniert.
Die Verbundpartnerschaft darf nicht geschwächt werden
Für den SAV ist es entscheidend, dass die Qualitätssicherung und die Verbindlichkeit bei der Umsetzung des allgemeinbildenden Unterrichts gestärkt werden. Wichtig ist zudem, dass die Kantone beim Kompromissvorschlag koordiniert vorgehen und die Wirkung der Prüfungsform im Hinblick auf die nächste Revision bewusst evaluiert wird.
Wichtig ist es dem SAV zudem, dass die bewährte und weltweit einzigartige Funktionsweise der Verbundpartnerschaft nicht geschwächt wird. Dank dem Rahmengesetz in der Berufsbildung suchen Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt (OdA) gemeinsam nach konstruktiven Lösungen ausserhalb der Politik. Es ist eine zentrale Aufgabe der Akteure, ihre Haltungen zu konsolidieren und im Prozess einzubringen. Eine zu starke Einmischung durch die Öffentlichkeit und die Politik könnte diesem System deutlich mehr schaden als die mögliche Umstellung der Schlussprüfung in der Allgemeinbildung.