Prägende Persönlichkeit der Schweizer Arbeitgeberpolitik

24. September 2022

Heinz Allenspach an einem ARBEITGEBERTAG 2005 im Tessin. Quelle: Hans Reis

Mit Heinz Allenspach, dem langjährigen Direktor und Delegierten des (heutigen) Schweizerischen Arbeitgeberverbands, hat uns eine Persönlichkeit verlassen, welche die Schweizer Arbeitgeberpolitik in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts massgeblich geprägt hat. 1960 trat er nach 10 Jahren wissenschaftlicher Tätigkeit am Schweizerischen Institut für Aussenwirtschafts- und Marktforschung und Sekretär der FDP des Kantons St. Gallen in den Dienst des damaligen Zentralverbands Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen, zuerst als Sekretär und Redaktor der Schweiz. Arbeitgeber-Zeitung, ab 1970 als Direktor und ab 1977 bis im Sommer 1993 als Delegierter.

Der Verstorbene wurde immer mehr zur Stimme der Arbeitgeber schlechthin, medial und nach seiner Wahl in den Nationalrat (1979 bis 1995) auch im nationalen Parlament. Vorher war er vier Jahre Zürcher FDP-Kantonsrat. Zeit seines Wirkens zeichnete ihn eine positive, unserer freiheitlichen Staats- und Wirtschaftsordnung verpflichte Grundhaltung aus, die er in Artikeln und Debatten mit Verve vertrat: «Demokratie setzt eine marktwirtschaftliche Grundordnung voraus. Schon die historische Erfahrung bestätigt dies; in Plan- oder Staatswirtschaften konnte sich keine politische Demokratie entwickeln.»

Mehr und mehr errang Heinz Allenspach in Fragen der Sozialversicherungen einen Expertenstatus, der seinesgleichen suchte. Höhepunkt war sicher das Präsidium der vorberatenden Kommission des Nationalrats zur wichtigen 10. AHV-Revision in den 1990er-Jahren, in der es zentral um das Splitting der Ehepaar-Rente ging. Dank seines Fachwissens engagierte er sich auf der eidgenössischen Ebene in zahlreichen Gremien und Kommissionen, die eng mit den Aktivitäten des Zentralverbands zusammenhingen. Hinzu kamen Mitgliedschaften in diversen Institutionen.

Wer politisch so exponiert ist, wie es Heinz Allenspach über lange Zeit war, erlebt auch Anfeindungen. Heinz Allenspach hatte diesbezüglich aber einen breiten und starken Rücken, nahm mit der nötigen Gelassenheit nicht alles zum Nennwert, manchmal auch mit einem Augenzwinkern, einem verschmitzten Lächeln oder einem passenden Spruch. Publizistische Vergeltung kannte er nicht. «Wir reden und schreiben zur Sache und zielen nicht auf Personen.» Diesem Motto, das die Exponenten des Schweizerischen Arbeitgeberverbands bis heute hochhalten, blieb er treu, auch Gewerkschaften gegenüber. Für ihn war der respektvolle Umgang mit der Arbeitnehmerseite Zeichen einer gelebten Sozialpartnerschaft – sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen als beste Basis für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Deshalb engagierte er sich vehement gegen die schon damals zunehmende Ablösung vertraglicher Lösungen durch gesetzliche Regelungen.

Wie bringt ein Mensch all diese Aufgaben unter einen Hut: stark engagiert im Nationalrat und Führen eines Spitzenverbands? Dies fragten sich immer wieder Leute, die ihn gut kannten, gelegentlich auch seine Mitarbeitenden. Heinz Allenspach stellte an sich sehr hohe Anforderungen. Das war das eine. Hinzu kam seine speditive Arbeitsweise, die raschen und subtilen Analysen mit klaren Folgerungen, gepaart mit einem prägnanten (und raschen) Schreibstil.

Hohe Anforderungen stellte er auch an seine Mitarbeitenden was ermöglichte, den Personalbestand auf der Geschäftsstelle sehr klein zu halten. Heinz Allenspach war ein fordernder Chef, ein echtes Vorbild mit ausgeprägten Führungseigenschaften, wozu sicher auch seine Karriere in der Armee bis zum Oberstleutnant beigetragen hat. Seine Mitarbeitenden erlebten ihn nicht nur als Fordernder, sondern auch als Förderer, der gute Arbeit entsprechend würdigte. Korrektheit und Gradlinigkeit waren beim ihm grossgeschrieben, nicht in Worten, sondern in seinen Taten. Entsprechend hoch war seine Glaubwürdigkeit und der Respekt in seinem Team, in den verschiedenen Gremien des Spitzenverbands und in der Öffentlichkeit.

Mit Nelly hatte er aber auch eine Gattin, die nicht nur charmant und sehr herzlich war, sondern ihm über all die Jahrzehnte den Rücken freihielt und ihm vieles abnahm. Das war ganz entscheidend. Sie ging ihm vor einem knappen Jahr im Tod voraus.

Der Verstorbene betrachtete seine Aufgabe als Dienst, als Dienst für die Wirtschaft und einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort Schweiz – zum Wohle aller. Entsprechend war sein Habitus. Statussymbole oder Prestigeobjekte waren ihm fremd

Eine Herzensangelegenheit war für Heinz Allenspach auch die Berufsbildung, und er störte sich daran, dass «der Staat während Jahrzehnten die akademische Ausbildung gefördert und die Berufslehre vernachlässigt hat».

Die Schweizer Arbeitgeberschaft wird stets mit Respekt und grosser Dankbarkeit an Heinz Allenspach und seine oft mahnenden Worte denken. Tröstlich ist, dass ihm nach seinem äusserst arbeitsreichen Berufsleben noch fast 30 Jahre im letzten Lebensabschnitt vergönnt waren.


Dieser Nachruf erschien auch in der «NZZ».