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Massnahmenplan, damit uns die Arbeitskräfte nicht ausgehen
Der Arbeitskräftemangel ist akut, auch wenn sich der Engpass gemäss Konjunkturumfrage der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im zweiten Quartal 2024 leicht entspannt hat: Die überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Firmen betrachtet ihren aktuellen Personalbestand nach wie vor als zu niedrig. Gemäss Bundesamt für Statistik belief sich die Zahl der offenen Stellen in der Schweiz im zweiten Quartal 2024 auf rund 104 000.
In den nächsten zehn Jahren dürften selbst in einem positiven Szenario gegen
300 000 Arbeitskräfte fehlen – unter der Annahme einer moderaten Zuwanderung und einer wirksamen Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials. Glücklicherweise ist die sich abzeichnende Arbeitskräftelücke kein Naturgesetz. Aber es braucht dringend ein Forcieren der Anstrengungen im Inland.
Die möglichst gute Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials ist der politisch unbestrittenste Weg, mit dem Arbeitskräftemangel umzugehen, und hat für die Arbeitgeber höchste Priorität. Dies auch deshalb, weil die Schweiz zwar über die europaweit dritthöchste Erwerbstätigenquote verfügt, zugleich aber auch über die zweithöchste Teilzeitquote. Nicht weiter erstaunlich ist deshalb, dass die grössten Potenziale bei nicht und teilzeitarbeitenden Frauen – insbesondere bei Müttern – sowie bei älteren Personen liegen. Der bessere Einbezug dieser Bevölkerungsgruppen in den hiesigen Arbeitsmarkt ist deshalb bedeutend. Dies nicht nur, weil diese Arbeitskräfte dringend benötigt werden, sondern auch, weil sich der Erfolg einer Volkswirtschaft immer auch am Einbezug möglichst grosser Bevölkerungsteile in den Arbeitsmarkt misst.
Als zweite wichtige Stossrichtung muss die Substitution von Stellen durch technischen Fortschritt vorangetrieben werden. Wichtig ist zudem der Abbau von Bürokratie sowie die effizientere Allokation des Faktors Arbeit. Erfreulicherweise wird sich der grösste Beitrag zur Substitution von Arbeitsstellen durch den technischen Fortschritt marktwirtschaftlich einstellen, denn bei steigenden Rekrutierungs- und Personalkosten zahlen sich Innovationen und Effizienzsteigerungen für Organisationen stärker aus.
Als dritte Massnahme sollen die Unternehmen in der Schweiz subsidiär auch weiterhin Zugriff auf eine ausreichende Anzahl an Arbeitskräften aus Drittstatten haben, um nicht mögliches Produktivitätswachstum zu verschenken und damit Wohlstandszuwachs freiwillig einzuschränken.
Damit Wirtschaft und Gesellschaft den Arbeitskräftebedarf auch in den kommenden Jahren sichern kann, braucht es dringend Reformen. Der Schweizerische Arbeitgeberverband schlägt nachfolgende Massnahmen vor und setzt sich in der Politik in Zusammenarbeit mit Partnern und Verbündeten mit voller Kraft für deren Umsetzung ein.
Der Massnahmenplan steht hier als Download zur Verfügung.
In Kürze
Navigation
- Freiwillige Weiterarbeit im Pensionsalter erleichtern
- Das Referenzalter neu denken: Anreize für längeres Arbeiten setzen
- Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf stärken
- Das Steuersystem muss Anreize zur Mehrarbeit bieten
- Die Berufsbildung stärken
- Das Potenzial von Flüchtlingen besser nutzen
- Menschen mit (drohenden) psychischen und/oder physischen Beeinträchtigungen besser einbinden
- Den technischen Fortschritt optimal nutzen
- Abbau von Bürokratie
- Die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit anerkennen
- Zielgerichtete Zuwanderung von Spezialisten aus Drittstaaten aufrechterhalten
Freiwillige Weiterarbeit im Pensionsalter erleichtern
Ausgangslage
Die klassische Vorstellung eines Arbeitslebens, wonach mit dem Erreichen des Referenzalters (ehemals Rentenalter) das Arbeitsleben abrupt
endet, entspricht nicht mehr der Realität. In der Schweiz arbeiten immer mehr Menschen über das aktuelle Referenzalter hinaus freiwillig weiter– ob im Teilzeitpensum, in Form einer Bogenkarriere oder nach einem Funktionswechsel und der Übernahme einer Aufgabe mit weniger Verantwortung. Jedoch ist freiwillige Weiterarbeit derzeit in vielen Fällen entweder unattraktiv oder selbst dann unmöglich, wenn sie von den Arbeitnehmenden ausdrücklich gewünscht wird. Für den Arbeitsmarkt, der bereits heute einen akuten Arbeitskräftemangel aufweist, ist dies aus mehreren Gründen fatal: Er verliert nicht nur dringend benötigte Arbeitskräfte, sondern mit ihnen auch Berufserfahrung und in vielen Fällen wertvolles Wissen von unschätzbarem Wert. Eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen soll den Menschen ermöglichen, ihre berufliche Laufbahn – auch in Absprache mit dem jeweiligen Arbeitgeber – individueller und flexibler zu gestalten und ihre Fähigkeiten so lange wie von ihnen gewünscht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Anhebung des AHV-Freibetrags für Ü65-Jährige
Für Menschen im Referenzalter spielt der Freibetrag in der persönlichen Beurteilung, ob und in welchem Umfang sie weiterarbeiten wollen, eine wichtige Rolle. Gegenwärtig ist der AHV-Freibetrag für Menschen über 65 zu tief angesetzt. Dies zeigt sich auch in den vielen tiefen Teilzeitpensen. So müssen die davon betroffenen Personen gegenwärtig bereits ab einem monatlichen Einkommen von CHF 1’400 wieder Beiträge an die AHV entrichten.
Diese Lohnabzüge machen das Weiterarbeiten aus finanzieller Sicht unattraktiver. Für Personen ab 65 sollte daher die Freibetragsgrenze deutlich erhöht werden oder sogar ganz entfallen. Eine Erhöhung des Freibetrags ist ohnehin fällig, da dieser seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr der Teuerung angepasst wurde.
2. Späteren Rentenbezug stärker belohnen
Mit Erreichen des Referenzalters bietet sich die Möglichkeit eines Rentenaufschubs. In einem solchen Fall erhält die rentenberechtigte Person einen Zuschlag auf die ursprüngliche Rente. Der Rentenaufschub wird oftmals in Kombination mit der freiwilligen Weiterarbeit gewählt. Der Zuschlag für den Aufschub des Rentenbezugs setzt bereits heute finanzielle Anreize für das freiwillige Weiterarbeiten im AHV-Alter. Um die freiwillige Weiterarbeit stärker zu fördern, sollten die Zuschläge im Verhältnis zur Aufschubdauer weiter erhöht werden.
Das Referenzalter neu denken: Anreize für längeres Arbeiten setzen
Ausgangslage
Die Finanzierung und die langfristige Sicherung der AHV sind aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung eine grosse Herausforderung. Die Annahme der Vorlage zur Auszahlung einer 13. AHV-Rente ab 2026 führt zu nochmals höheren Kosten für die erste Säule. Wir werden immer älter, was per se eine erfreuliche Entwicklung darstellt. Dadurch werden jedoch die Finanzen der AHV überproportional belastet. Lag bei der Einführung der AHV im Jahr 1948 die Lebenserwartung einer 65-jährigen Person noch bei durchschnittlich etwa 13 Jahren, ist sie heute fast doppelt so hoch. Anders als viele andere westeuropäische Länder hat es die Schweiz bisher verpasst, die langfristige Finanzierung der Altersvorsorge zu sichern und den Reformstau hierzulande zu beheben. Wollen wir nicht immer mehr Abgaben und Steuern oder sogar Leistungseinbussen in Kauf nehmen, ist ein wichtiger Hebel zu einer mittel- bis langfristigen Stabilisierung die Erhöhung des Referenzalters.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Die Diskussion um eine Erhöhung des Referenzalters muss geführt werden
Eine Erhöhung des Referenzalters muss diskutiert werden. Ein möglicherweise, mehrheitsfähiger Vorschlag ist die Lebensarbeitszeit. Gemäss diesem Modell arbeitet jede Person eine zu bestimmende Anzahl Jahre. Wer früher in den Arbeitsmarkt eintritt, soll auch früher wieder aus dem Arbeitsmarkt austreten können. Es wäre ein innovativer Ansatz, um das AHV-Beitragsvolumen zu erhöhen und gleichzeitig die Berufslehre als Karriereweg zu stärken.
2. Individuelle Lösungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Eine Erhöhung des Referenzalters erfordert eine Anpassung der Rahmenbedingungen. Eine mögliche Variante ist die Bogenkarriere. Hierbei handelt es sich um individuelle Lösungen – vereinbart zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – insbesondere für die spätere Karrierephase. Ältere Mitarbeitende können ihr Pensum reduzieren und/oder Verantwortung abgeben und bleiben in ihrer neuen Rolle über das ordentliche Referenzalter hinaus im Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang haben das sogenannte «lebenslange Lernen» sowie regelmässige Standortbestimmungen einen hohen Stellenwert. Dies beinhaltet, dass sich Arbeitnehmende während ihres Erwerbslebens regelmässig weiterbilden und von Zeit zu Zeit überprüfen, ob ihr gewählter Beruf oder Ausbildungsweg nach wie vor passend und sinnvoll ist. Dies kann auch gemeinsam mit dem Arbeitgeber geschehen. Zudem gibt es in einigen Branchen Sonderregelungen, damit Personen mit körperlich besonders anstrengenden Berufen früher in den Ruhestand treten können. Diesen Regelungen soll auch bei einer Erhöhung des Referenzalters Rechnung getragen werden.
In Kürze
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Das Referenzalter 65 ist zu diskutieren und es gilt nach Alternativen zum heutigen System zu suchen.
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Branchenlösungen müssen berücksichtigt und auch künftig ermöglicht werden.
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Das Modell der Lebensarbeitszeit gilt es im Besonderen zu prüfen.
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Es braucht für Arbeitnehmende mehr positive Anreize, über das ordentliche Rentenalter hin-auszuarbeiten.
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Individuelle Lösungen für Mitarbeitende (zum Beispiel in einer Bogenkarriere) sollten ermöglicht und gefördert werden.
Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf stärken
Ausgangslage
Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf hat heute einen anderen, einen höheren Stellenwert als früher. Die Rahmenbedingungen dazu sind in der Schweiz im Vergleich mit den Industriestaaten allerdings unterdurchschnittlich ausgestaltet. Eine der Konsequenzen davon ist, dass Frauen im Vergleich zu Männern viel öfter Teilzeit arbeiten: Während von den Müttern mit Kindern unter 15 Jahren acht von zehn Teilzeitbeschäftigte sind, ist es bei den Vätern nur etwas mehr als einer von zehn. Die anderen arbeiten Vollzeit. Bei den Müttern sind zudem vier der acht Teilzeitarbeitenden in einem Arbeitspensum von unter 50 Prozent beschäftigt. Damit beide Elternteile mit hohen Pensen im Arbeitsmarkt tätig sein können, muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unbedingt gestärkt werden.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten ermöglichen
Das aktuell geltende Arbeitsgesetz geht im Wesentlichen auf das Jahr 1964 zurück und stammt aus einer Zeit, in der die Schweizer Wirtschaft weitgehend von der Industrie geprägt war. Heute arbeitet ein Grossteil der Arbeitnehmenden nicht mehr in Fabriken, sondern im Dienstleistungssektor, und zudem ortsunabhängiger und zeitlich flexibler. Zugleich sind heutzutage deutlich mehr Personen im Arbeitsmarkt tätig, welche die Betreuung ihrer Kinder und andere familiäre Betreuungsaufgaben wahrnehmen müssen. In vielen Fällen wird jedoch die zur besseren Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf erforderliche Flexibilität durch das Arbeitsgesetz eingeschränkt.
Das Gesetz und insbesondere die dazugehörigen Verordnungen müssen mehr auf die Bedürfnisse und Forderungen der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmenden ausgerichtet werden. So gilt es zu ermöglichen, dass beispielsweise berufstätige Eltern die nach einem Nachmittag mit ihren Kindern liegengebliebene Arbeit auch am späteren Abend erledigen können. Eine flexiblere Handhabung bei den Arbeitszeiten soll die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber gleichermassen abdecken und auf gegenseitigem Vertrauen beider Parteien basieren.
2. Familienergänzende Kinderbetreuung sicherstellen
Das Angebot von familienergänzender Kinderbetreuung ist in der Schweiz vielerorts mangelhaft. Gemäss einem Unicef-Report aus dem Jahr 2021 bildet die Schweiz mit Blick auf bezahlbare und qualitativ gute Kinderbetreuung zusammen mit Ländern wie der Slowakei, den USA und Zypern das Schlusslicht aller OECD-Staaten. Zudem lohnt sich angesichts der hohen Kosten für die externe Kinderbetreuung oftmals eine Erhöhung des Arbeitspensums finanziell nicht.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein solides Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung signifikant dazu beiträgt, dass Personen mit Kinderbetreuungsaufgaben in einem Vollzeit- statt in einem Teilzeitpensum arbeiten. Die Bereitstellung von genügend bezahlbaren Betreuungsplätzen ist – gleich wie bei der Bereitstellung von schulischen Angeboten – auch eine staatliche Aufgabe. Der Bund sollte sich daher an den Kosten dieser Subventionen beteiligen. Wichtig ist, dass eine solche finanzielle Massnahme zielgerichtet ist. Das heisst, dass die Unterstützung in Abhängigkeit der Arbeitspensen der Elternteile erfolgt: Nur wer das Pensum erhöht, soll Anspruch auf eine vergünstigte Kinderbetreuung haben. Damit würde jeder staatliche Franken, der die Kinderbetreuung subventioniert, in zusätzliche Arbeit oder Aus- und Weiterbildung fliessen, nicht aber in mehr Freizeit.
In Kürze
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Das geltende Arbeitsgesetz und insbesondere die dazugehörigen Verordnungen müssen stärker auf die heutigen Bedürfnisse der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmenden ausgerichtet werden, indem in Bezug auf die Arbeitszeiten mehr Flexibilität ermöglicht wird.
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Das Angebot von familienergänzender Kinderbetreuung muss
ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen sich deren Kosten für die
Familien in Grenzen halten.
Das Steuersystem muss Anreize zur Mehrarbeit bieten
Ausgangslage
Das heutige Steuersystem basiert auf einem Modell aus einer Zeit, in der die meisten Erwerbstätigen vollzeitbeschäftigt waren und Familien finanziell meist von einer alleinverdienenden Person – in der Regel dem Mann – abhängig waren. Die heutige Realität, in der Haushalte mit Doppelverdienern üblich sind, hat damit nur noch wenig gemein. Insbesondere für Zweitverdienende innerhalb eines Haushalts kann das aktuelle Steuersystem aufgrund steigender Grenzsteuersätze mit steigendem Einkommen negative Erwerbsanreize setzen, was die Aufnahme oder Ausweitung der Berufstätigkeit unattraktiv macht.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Einführung der Individualbesteuerung
Im gegenwärtigen Steuersystem wird die Eheperson mit dem tieferen Einkommen – das in vielen Fällen das Zweiteinkommen innerhalb der Familie ist – benachteiligt. Dies, weil ihr Einkommen aufgrund der gemeinsamen Besteuerung in Kombination mit der Steuerprogression viel stärker besteuert wird als das Einkommen des Ehepartners. Als Folge davon steht den Zweitverdienenden weniger vom Arbeitseinkommen zur Verfügung, wodurch der Anreiz für ein stärkeres Engagement im Arbeitsmarkt stark eingedämmt wird.
Mit einer zivilstandsunabhängigen Besteuerung würde diese antiquierte Benachteiligung von zweitverdienenden Ehepartnern gegenüber den Hauptverdienern eliminiert. Es ist zu begrüssen, dass aktuell zwei Initiativen hängig sind, welche die sogenannte Heiratsstrafe abschaffen wollen. Die Individualbesteuerung etwa, die eine der Initiativen fordert, würde gemäss einer Studie von «Ecoplan» ein zusätzliches Volumen von bis zu 60’000 vollzeitäquivalenten Arbeitskräften freisetzen, indem der positive Erwerbsanreiz dazu führt, dass sich Mehrarbeit lohnt. Der Verlust des Steuersubstrats könnte mit der Einführung einer zivilstandesunabhängigen Besteuerung möglichst geringgehalten werden.
2. Revision des heutigen Steuersystems prüfen
Die heutige Ausgestaltung der Steuerprogression kann dazu führen, dass es für eine Person aus finanzieller Sicht rational ist, ihr Pensum zu senken und auf Einkommen zu verzichten. Die Progression führt dazu, dass die relative Senkung der Steuern stärker ist als die relative Senkung des Einkommens. Da die Berechtigung auf staatliche Zuschüsse (Prämienverbilligungen, Wohnbeihilfen, Subventionen für Kinderkrippen etc.) zudem oft vom erzielten Einkommen abhängt, kann es sein, dass durch eine Pensen-Reduktion die Kriterien zum Erhalt von Zuschüssen erfüllt werden. Dieser negative Erwerbsanreiz muss eliminiert oder zumindest reduziert werden. Dabei ist zu prüfen, ob es für den Erhalt von Zuschüssen nicht verlässlichere Kriterien als das erzielte Einkommen gibt.
In Kürze
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Es braucht die Einführung einer zivilstandesunabhängigen Besteuerung, damit die Person mit dem Zweiteinkommen innerhalb einer Familie nicht benachteiligt wird.
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Die mit der heutigen Ausgestaltung des Steuersystems einhergehenden negativen Erwerbsanreize müssen eliminiert oder zumindest reduziert werden.
Die Berufsbildung stärken
Ausgangslage
Die Schweiz bietet Jugendlichen ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Ausbildungsangebot. Rund zwei Drittel absolvieren eine Berufslehre mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Dank einer breiten Auswahl an Angeboten der höheren Berufsbildung und der Fachhochschulen und dank der Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystem (u. a. dank Passerellen) endet keine Ausbildung in einer Sackgasse. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern geniessen die Berufslehre und die höhere Berufsbildung hierzulande ein hohes Ansehen.
Davon profitiert in hohem Ausmass auch die Wirtschaft: Das duale Bildungssystem der Schweiz ergänzt die allgemeinbildende Ausbildung mit der praxisorientierten und auf die Bedürfnisse der Unternehmen ausgerichteten Berufslehre. Die hohe Qualität der Berufsbildung ist eine zentrale Stütze der Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. Sie stellt die Versorgung mit qualifizierten Fach- und Führungskräften sicher. Diese Stärken der Schweizer Berufsbildung müssen beibehalten werden und sind die richtige Antwort auf die schnellen Veränderungen des Arbeitsmarkts.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Gesellschaftliche Anerkennung der Berufsbildung fördern
Nach wie vor besteht in der Schweiz teilweise die Tendenz, die Berufsbildung schlechtzureden und in ihr eine minderwertige Alternative zum Gymnasium zu sehen. Dabei ergänzen sich die Bildungswege und es gibt gerade für schulisch leistungsstarke Jugendliche kognitiv anspruchsvolle Berufslehren, die attraktive Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt bieten. Insbesondere die Berufsbildung trägt massgeblich dazu bei, dass arbeitsmarktorientiert ausgebildet wird und dass die Absolventinnen und Absolventen der Berufsbildung gefragte Arbeitskräfte sind.
Sinnvoll ist eine Stärkung der höheren Berufsbildung gemäss dem Massnahmenpaket, das am Spitzentreffen 2023 für den politischen Prozess freigegeben wurde. Eine mögliche Massnahme, um der Berufsbildung zu höherer gesellschaftlicher Anerkennung zu verhelfen, ist die Einführung von ergänzenden Titeln wie «Professional Bachelor» und «Professional Master» in der höheren Berufsbildung. Mit Hilfe dieser Titel können die Abschlusstypen ausgedrückt und der Stellenwert der Abschlüsse mit denjenigen der Hochschulen verglichen werden.
2. Kontinuierliche Anpassung der Berufsbildung an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes
Die grosse Stärke der Berufsbildung ist es, dass sie die Fachkräfte entlang der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts ausbildet. Sie ist dabei flexibel und überprüft laufend die Prozesse und Ausbildungsmöglichkeiten. Nur dank dieser Agilität und Nähe zum Arbeitsmarkt behält die Berufsbildung ihre Qualität. Entsprechend gilt es dieser Ausrichtung besonders Sorge zu tragen.
3. Förderung niederschwelliger Bildungsabschlüsse
Für geringqualifizierte Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen haben niederschwellige Bildungsabschlüsse sowie deren Anrechenbarkeit an formale Abschlüsse mehrere wichtige Vorteile. Einerseits finden Betroffene dadurch einen vereinfachten Einstieg in das Bildungssystem und haben bessere Chancen auf dem Stellenmarkt. Andererseits werden ihre soziale Integration sowie die Teilhabe verbessert und ihr Armutsrisiko deutlich reduziert. Zu den entsprechenden Abschlüssen gehören insbesondere individuelle Kompetenznachweise sowie Branchenzertifikate, die als Einstieg für die formalen Bildungsabschlüsse dienen. Es braucht gezielt gesetzte Anreize für Branchen und Trägerschaften, um basierend auf den «Best Practices» Angebote und Anschlussmöglichkeiten zu schaffen sowie Bildungsangebote sichtbarer gegenüber Betroffenen und Beeinflussern (Betriebe, Berufsberatende etc.) zu machen.
In Kürze
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Eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung für die Berufsbildung muss geschaffen werden.
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Ergänzende Titel wie «Professional Bachelor» und «Professional Master» sollen rasch eingeführt werden.
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Der Berufsentwicklungsprozess muss sich weiterhin entlang des Arbeitsmarkts entwickeln.
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Niederschwellige Bildungsabschlüsse zur Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit sind zu fördern.
Das Potenzial von Flüchtlingen besser nutzen
Ausgangslage
Bei der Integration von vorläufig aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt steht die Schweiz vor mehreren Herausforderungen. Eines der zentralen Themen sind die Sprachkenntnisse, die für die Ausübung des jeweiligen Berufs und zur Berufsqualifikation unabdingbar sind. Das Beherrschen einer Landessprache ist nach wie vor in vielen Branchen eine wichtige Voraussetzung für eine Anstellung und für die professionelle Ausübung eines Berufs. Der frühen Sprachförderung, organisiert durch die jeweiligen Kantone, kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Eine weitere Herausforderung ist die Vergleichbarkeit von Diplomen und Abschlüssen. Bildungssysteme und Berufsabschlüsse variieren von Land zu Land erheblich, was einen Vergleich mit ausländischen Diplomen und Abschlüssen erschwert. Die Standards und Anforderungen unterscheiden sich von jenen der Schweiz meist stark, auch weil einige Länder kein Berufsbildungssystem kennen.
Die Arbeitgeber Fordern
1.Gezielte Förderung der Grundkompetenzen von Flüchtlingen
Die Grundkompetenzen von geflüchteten Erwachsenen ohne Berufsabschluss sollten weiterhin gezielt gefördert werden. Zudem sollten die besonders betroffenen Branchen und Betriebe sensibilisiert und der Wissenstransfer von Best Practices zur Zielgruppe gefördert werden. Die Förderung der von den Kantonen angebotenen weiterführenden Sprachkurse (Stützkurse) in der regionalen Landessprache ist bei dieser Zielgruppe oftmals entscheidend dafür, ob ein Bildungsabschluss gelingt.
2. Bildungseinstiege über Branchenzertifikate oder INVOL(+)
Bildungseinstiege über Branchenzertifikate oder INVOL(+) haben sich bewährt. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat im vergangenen Jahr entsprechende Projekte in Zusammenarbeit mit den Branchen bewusst gefördert (bspw. in der Pflege und in der Gebäudetechnik). Die Branchen sind zudem gefordert, interne Weiterbildungen von grösseren Arbeitgebern der Branche insbesondere in ihre niederschwelligen Bildungsangebote einzubeziehen. Dies begünstigt, dass der Einstieg in das formale Bildungssystem möglichst effizient geschieht. Es gilt, positive Erfahrungen zu nutzen und andere Branchen mit entsprechenden Unterstützungsmassnahmen für denselben Weg zu gewinnen. Ebenfalls muss die Anrechenbarkeit der Weiterbildungen zu weiterführenden formalen Abschlüssen sichergestellt und die Sichtbarkeit der Bildungsangebote der Branchen erhöht werden. Dazu gehört auch die Vernetzung mit bestehenden Beratungsangeboten wie zum Beispiel «viamia».
Menschen mit (drohenden) psychischen und/oder physischen Beeinträchtigungen besser einbinden
Ausgangslage
Die Prävention vor Arbeitsplatzverlust sowie bei Menschen mit Beeinträchtigungen das Erhalten oder Wiedererlangen der Arbeitsmarktfähigkeit sowie generell deren Einbindung in die Gesellschaft und die Wirtschaft sind gerade vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels besonders wichtig. Geeignete Massnahmen fördern die Teilhabe sowie die Inklusion der Betroffenen und geben ihnen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Talente (weiterhin, wieder oder erstmals) auch am Arbeitsplatz einzusetzen.
Die Arbeitgeber Fordern
1.Arbeitgeber sensibilisieren und informieren
Die Arbeitgeber sollen sensibilisiert und darin unterstützt werden, frühzeitig physische und psychische Erkrankungen ihrer Mitarbeitenden zu erkennen, die zu einem Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt führen könnten. In diesem Zusammenhang lehnen die Arbeitgeber jegliche Verschärfungen von Gesetzen oder anderen Rahmenbedingungen dezidiert ab.
Compasso ist das Netzwerk für Arbeitgeber im Bereich des Arbeitsplatzerhalts und der beruflichen Eingliederung unter dem Patronat des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Der Verein leistet einen wichtigen Beitrag, um Arbeitgeber darüber zu informieren, wie sie die Arbeitsmarktfähigkeit ihrer Mitarbeitenden mit Beeinträchtigungen sichern können. Ein Ziel ist es, das Ausscheiden von Mitarbeitenden aus dem Arbeitsmarkt möglichst zu verhindern. Compasso bietet zudem Informationen in Sachen Arbeitsmarkteingliederung für Arbeitgeber, die Menschen mit einer Beeinträchtigung einstellen möchten. Das Netzwerk wirkt in seiner Rolle in der Systemkoordination darauf hin, dass der Erhalt oder die Wiedererlangung der Arbeitsmarktfähigkeit leichter umsetzbar wird.
2. Die Vorteile von Inklusion sehen
Die Arbeitswelt wird immer diverser und die Arbeitskräfte werden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels immer rarer. Die Arbeitgeber sind auf gute und zuverlässige Arbeitnehmende angewiesen. Dabei sind Menschen mit den unterschiedlichsten Facetten gefragt. Studien belegen, dass Unternehmen, die sich für Diversität und Inklusion einsetzen und dies leben, langfristig erfolgreicher sind. Die soziale Durchmischung fördert insbesondere die Loyalität, stärkt die Teams und senkt die Fluktuation der Mitarbeitenden. Entsprechend liegt Inklusion ganz im Interesse der Unternehmen. Sie soll allerdings aus Überzeugung und nicht als indoktrinierte Pflicht geschehen, wie dies zum Beispiel bei einer Quotenregelung der Fall wäre.
In Kürze
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Menschen mit psychischen und/oder physischen Beeinträchtigungen sollten bestmöglich in den Arbeitsprozess eingebunden werden.
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Die Arbeitgeber sollen präventiv sensibilisiert und unterstützt werden.
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Arbeitsmarktaustritte der Arbeitnehmenden aufgrund von Beeinträchtigungen sollen möglichst vermieden werden.
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Individuelle Lösungen für Unternehmen sind gefragt.
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Die Arbeitgeber sollen Inklusion aus Überzeugung betreiben, nicht aufgrund eines gesetzlichen Zwangs oder von Quoten.
Den technischen Fortschritt optimal nutzen
Ausgangslage
Die Automatisierung und die Digitalisierung haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Der Einsatz moderner Technologien ermöglicht eine Beschleunigung und Optimierung der Arbeitsprozesse und eine bessere Vernetzung in einer Wirtschaft, deren Wertschöpfungsketten immer globaler werden.
Die Arbeitgeber Fordern
Potenziale der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz (KI) konsequent
ausschöpfen
Die Automatisierung, Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz führen nicht nur zu einer Steigerung der Produktivität. Sie ermöglichen auch, dass Aufgaben, die einst menschliche Arbeitsressourcen erforderten, zunehmend maschinell durchgeführt werden können. Konkret gilt dies für wiederkehrende sowie zeit- und damit auch personalintensive Aufgaben. Die menschlichen Arbeitsressourcen können damit entlastet und für andere Tätigkeiten freigesetzt werden.
Dass Digitalisierung, Automatisierung und KI in der Schweiz noch mehr forciert werden können, zeigt sich auch im internationalen Vergleich, in dem Länder wie die USA, die Niederlande oder Singapur zuoberst stehen. Im Kampf gegen den Arbeitskräftemangel muss die Substitution von Stellen durch technischen Fortschritt noch stärker vorangetrieben werden, indem die Potenziale von Digitalisierung, Automatisierung und KI bestmöglich erschlossen und genutzt werden.
Abbau von Bürokratie
Ausgangslage
Die öffentliche Verwaltung ist in Bezug auf die Anzahl Vollzeitstellen in den vergangenen Jahren im Vergleich zum Bevölkerungswachstum überdurchschnittlich gewachsen. Während die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten im privaten Sektor zwischen 2011 und 2019 um 9,7 Prozent zunahm, betrug die Zunahme im staatlichen Sektor im selben Zeitraum 12 Prozent. Die Löhne in der Verwaltung sind im Durchschnitt ebenfalls höher als in der Privatwirtschaft. Während der durchschnittliche Jahreslohn in der Privatwirtschaft gemäss Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik knapp
CHF 90 000 beträgt, liegt er mit rund CHF 120 000 in der Bundesverwaltung deutlich höher.
Der wachsende öffentliche Sektor geht mit einer Zunahme der Regulierungsdichte einher. Dies bekommen auch die hiesigen Unternehmen zu spüren. Dies belegt der Bürokratiemonitor 2022, eine Unternehmensbefragung des Staatssekretariats für Wirtschaft. So bewerteten 60 Prozent der befragten Unternehmen die administrative Belastung als «hoch» und «eher hoch». Diese administrativen Tätigkeiten lenken die Unternehmen in einem beträchtlichen Masse von der eigentlichen Geschäftstätigkeit ab.
Die Arbeitgeber Fordern
1.Die öffentliche Verwaltung muss sich eine Selbstbeschränkung auferlegen
Bund, Gemeinden und Kantone wachsen personell schneller als die Privatwirtschaft. Die öffentliche Verwaltung entzieht dem Arbeitsmarkt damit Personen, die von den Unternehmen händeringend gesucht werden. Dieser Wettbewerb wird zudem mit ungleich langen Spiessen geführt, da sich die öffentliche Verwaltung ohne Wettbewerbsdruck äusserst grosszügige Löhne, Lohnnebenkosten und Arbeitsbedingungen leistet.
Angesichts des immer akuteren Arbeitskräftemangels ist in Bezug auf die öffentliche Verwaltung ein Umdenken gefordert. Das Gleichgewicht zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft muss wiederhergestellt werden. So gilt es, das Personalwachstum der öffentlichen Verwaltung zu begrenzen. Dies umso mehr, als dass sich auch der öffentlichen Verwaltung die Möglichkeit bietet, Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz verstärkt zur Substitution von Stellen zu forcieren.
2.Die administrative Belastung für Unternehmen muss sinken
Gemäss Bürokratiemonitor 2022 hat sich die empfundene administrative Belastung der Unternehmen in den vergangenen acht Jahren zwar verbessert, dennoch bleibt sie hoch. Es gilt daher, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen weiter abzubauen. Die Unternehmen sollen sich wieder verstärkt auf die eigentlichen Kernaufgaben konzentrieren und die menschlichen Arbeitsressourcen für wertschöpfungsstiftende Tätigkeiten einsetzen können.
In Kürze
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Das überdurchschnittliche Personalwachstum in der öffentlichen Verwaltung muss gestoppt werden, damit das Gleichgewicht zur Privatwirtschaft wieder hergestellt werden kann.
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Die administrative Belastung für die Unternehmen muss weiter abgebaut werden, damit sich die Unternehmen noch stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.
Die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit anerkennen
Ausgangslage
Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften ist ein wesentlicher Standortvorteil. Da das inländische Arbeitskräftepotenzial beschränkt ist, stellt die Personenfreizügigkeit (PFZ) ein wichtiges Instrument zur Deckung der Nachfrage dar. Die PFZ ermöglicht es den Schweizer Unternehmen, mit verhältnismässig wenig bürokratischem Aufwand auf das Potenzial an Arbeitskräften aus dem EU/EFTA-Raum zurückzugreifen.
Die PFZ ist ein fein austariertes Instrument mit klarem Fokus auf die arbeitsmarktbezogene Zuwanderung. Dies zeigt sich etwa daran, dass sich die Zuwanderung durch die PFZ in den vergangenen Jahren stark an der Nachfrage der Wirtschaft orientierte. So ging die Zuwanderung während der Finanzkrise 2008/2009 und der Coronakrise – als die Wirtschaft nur wenig Arbeitskräfte nachfragte – stark zurück. Rückblickend zeigt sich auch, dass die PFZ nicht zu einer Verdrängung der inländischen Erwerbstätigen aus dem Arbeitsmarkt geführt hat. Die ausländischen Arbeitskräfte ergänzen vielmehr das im Inland limitierte Arbeitskräfteangebot.
Die Arbeitgeber Fordern
Arbeitsmarktbezogene Migration aus dem EU/EFTA-Raum muss möglich bleiben
Der Arbeitskräftebedarf der Schweizer Wirtschaft ist schlicht zu gross, als dass dieser allein mit inländischem Personal gedeckt werden könnte. Für die Arbeitgeber steht daher ausser Frage, dass die Schweiz trotz aller Bemühungen zur Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials auch in Zukunft auf eine arbeitsmarktbezogene Zuwanderung aus EU/EFTA-Ländern angewiesen ist. Die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit für die hiesige Wirtschaft gilt es daher auch künftig anzuerkennen.
Politische Forderungen, die eine Aufkündigung der Personenfreizügigkeit verlangen, lehnt der Schweizerische Arbeitgeberverband entschieden ab. Denn: Können Unternehmen ihren Arbeitskräftebedarf nicht auch aus dem Ausland decken, gefährdet dies die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz und führt zu einem substanziellen Wohlstandsverlust der einheimischen Bevölkerung.
In Kürze
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Die Personenfreizügigkeit und damit die arbeitsmarktbezogene Zuwanderung aus EU/EFTA-Ländern bleibt für die Schweizer Wirtschaft auch in Zukunft wichtig – dies gilt es anzuerkennen und zu wahren.
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Politische Forderungen, die eine Aufkündigung der Personenfreizügigkeit verlangen, werden von den Arbeitgebern entschieden abgelehnt.
Zielgerichtete Zuwanderung von Spezialisten aus Drittstaaten aufrechterhalten
Ausgangslage
Im von einem akuten Arbeitskräftemangel geprägten Schweizer Arbeitsmarkt wird es für die hier ansässigen Unternehmen immer schwieriger, die händeringend gesuchten Spezialisten zu finden. Der Wettbewerb um Arbeitskräfte intensiviert sich aber nicht nur in der Schweiz, sondern auch international. So sehen sich die Staaten aus dem EU-/EFTA-Raum ebenfalls mit den Effekten der alternden Bevölkerung und der tiefen Geburtenraten konfrontiert. Als Folge davon sind die Unternehmen in der Schweiz zur Deckung der Nachfrage verstärkt auch auf hochqualifiziertes Personal aus Drittstaaten angewiesen.
Die Zuwanderung von Arbeitskräften aus Drittstaaten ist mittels jährlich festgelegter Kontingente begrenzt. Kontingente für Spezialisten aus Drittstaaten werden nur gewährt, wenn die gesuchten Personen weder in der Schweiz noch in der EU/EFTA rekrutiert werden können. Die komplementäre Ergänzung des Fachwissens mit diesen Spezialisten bleibt für die Unternehmen zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels und damit auch zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Schweiz wichtig.
Die Arbeitgeber Fordern
1. Ausreichende Drittstaatenkontingente
In den vergangenen Jahren konnten die zur Verfügung gestellten Drittstaatenkontingente jeweils nicht voll ausgeschöpft werden. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Bedingungen für die Gewährung eines Kontingents restriktiv angesetzt sind. Da diese hohen Anforderungen zu einer künstlichen Verknappung der Kontingente führen, sehen die Arbeitgeber beim Zulassungsverfahren Handlungsbedarf.
Generell warnen die Arbeitgeber davor, die Drittstaatenkontingente zu knapp anzusetzen. Dies würde dem Wirtschaftsstandort Schweiz einen Bärendienst erweisen, denn zu knappe Kontingente schützen keine inländischen Arbeitsplätze. Vielmehr führen sie dazu, dass die Unternehmen im Kampf um die internationalen Spezialisten abwägen müssen, ob sie am Standort Schweiz noch die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit vorfinden. Für die Wirtschaft ist im Rahmen der Planung von unternehmerischen Tätigkeiten die Sicherheit unabdingbar, dass der notwendige Spielraum bei der Rekrutierung von Drittstaatenangehörigen vorhanden ist.
2. Potenzial von Hochschulabsolventen nicht verlieren
Jährlich schliessen an Schweizer Hochschulen, Fachhochschulen und höheren Fachschulen hunderte Personen von ausserhalb der EU und der EFTA-Länder ihr Studium ab. Oftmals müssen diese die Schweiz danach wieder verlassen, weil sie als Drittstaatenbürger über keine gültige Grundlage mehr für eine Arbeitsbewilligung verfügen. Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulabschluss kommen heute in den Genuss einer: Sie können während sechs Monaten in der Schweiz bleiben, um eine Anstellung zu suchen. Eine solche muss für die Schweiz von hohem wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Interesse sein. Wenn ihre Stellensuche innerhalb dieses Zeitrahmens nicht gelingt, müssen sie die Schweiz verlassen. Dies ist insofern stossend, als dass die Schweiz bereits ihren Beitrag an deren Aus- oder Weiterbildung geleistet hat und es sich um gesuchte Fachpersonen handelt. Um zu verhindern, dass der Wirtschaft Wissen und Arbeitskräfte verloren gehen, braucht es Lösungen. Folgende Frage gilt es zu beantworten: Wie können diese Personen nach dem Erlangen eines Hochschulabschlusses mit einem hohen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Wert hierzulande weiterarbeiten?
Illustrationen: Shutterstock, Canva
In Kürze
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Beim Zulassungsverfahren für Drittstaatenkontingente gilt es nach Massnahmen zu suchen, mit denen die nicht gewollte Verknappung der Kontingente beseitigt werden kann.
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Die Drittstaatenkontingente sind auch künftig so auszugestalten, dass die Unternehmen den notwendigen Spielraum bezüglich der Rekrutierung von Drittstaatenangehörigen haben.
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Es gilt nach Lösungen zu suchen, wie das Potenzial von Personen aus Drittstaaten, die einen Hochschulabschluss in der Schweiz in einem Bereich von hohem wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Wert erlangt haben, für die Schweiz erhalten bleibt.