«Quoten grenzen aus und setzen bestenfalls falsche Anreize»

22. März 2018 Medienbeiträge

Drei Fragen an Martin Kaiser, Ressortleiter Sozialpolitik beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) und Präsident von Compasso, dem Informationsportal für Arbeitgeber zum Thema berufliche Integration.

Was können Arbeitgeber dazu beitragen, dass der Grundsatz der IV «Eingliederung vor Rente» noch konsequenter umgesetzt wird?
Das Thema der beruflichen Eingliederung von Menschen mit Beeinträchtigungen noch besser im Führungsalltag verankern und den Blick konsequent auf die Ressourcen der (potenziellen) Mitarbeitenden ausrichten. So kann es enorm wertvoll sein, die Erfahrungen eines sehbehinderten Menschen etwa in die Produkteentwicklung einfliessen zu lassen.

Und die betroffenen Arbeitnehmenden?
Motiviert und selbstbewusst, aber gleichzeitig mit einem klaren Verständnis ihrer Möglichkeiten und Grenzen mit dem bisherigen oder einem potenziellen Arbeitgeber die konkreten Herausforderungen angehen. Eine offene und frühzeitige Kommunikation ermöglicht die besten Lösungen.

Was halten Sie von Quoten, die Unternehmen dazu verpflichten würden, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen einzurichten?
Nichts. Quoten dienen dazu, das (politische) Gewissen zu beruhigen, grenzen aus und setzen bestenfalls falsche Anreize. Wir brauchen stattdessen sensibilisierte Arbeitgeber, die aus Überzeugung auch auf die Ressourcen von Menschen mit Beeinträchtigung setzen und professionell handeln. Diese Strategie ist viel nachhaltiger. So konnten in den letzten fünf Jahren gemäss Auswertung der IV-Stellenkonferenz alleine gegen 100’000 bei der IV registrierte Menschen mit einer Beeinträchtigung dank einem koordinierten Vorgehen zwischen Betroffenen, Arbeitgebern und der IV den Arbeitsplatz behalten oder einen neuen finden.

Das Interview mit Martin Kaiser ist in der Mitgliederzeitschrift des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (SBV) erschienen.