Die Arbeit muss sich für Rentner lohnen

23. September 2019 Medienbeiträge

In der Schweiz werden wir immer älter, und der Fachkräftemangel nimmt zu. Diese zwei Trends stellen die Wirtschaft auf die Probe. Ein Rezept: das Potenzial der älteren Arbeitnehmer nutzen und Anreize schaffen, um sie über das offizielle Pensionsalter hinaus im Arbeitsleben zu behalten. Deshalb fordert der Schweizerische Arbeitgeberverband, den Freibetrag für erwerbstätige AHV-Bezüger anzuheben.

Aber der Reihe nach: In der Schweiz wurde 1948 die erste AHV-Rente ausgezahlt. Damals haben Herr und Frau Schweizer durchschnittlich während elf Jahren eine Rente bezogen. In der Gegenwart leben wir im Schnitt nach der Pensionierung noch 22 Jahre. Demnach beziehen wir gegenwärtig doppelt so lange AHV-Gelder wie zum Zeitpunkt der Einführung der ersten Säule. Und die Lebenserwartung steigt weiter: Statistisch betrachtet leben wir mit jedem Jahrzehnt, das verstreicht, ein Jahr länger. Es gibt aber auch zwei schlechte Nachrichten. Die Überalterung setzt der AHV gravierend zu. Zudem verschärft sie in den nächsten Jahren den Fachkräftemangel. Gemäss einer Studie der UBS gehen innert zehn Jahren bis zu einer halben Million mehr ältere Personen in Rente, als Junge in die Arbeitswelt nachrücken.

Gemäss einer Studie der UBS gehen innert zehn Jahren bis zu einer halben Million mehr ältere Personen in Rente, als Junge in die Arbeitswelt nachrücken.

Ein Teufelskreis: Wir beziehen länger AHV und brauchen mehr Rente, können aber auf weniger Personen setzen, die in die Kasse einzahlen. Daran ist unschwer zu erkennen, dass eine Reform der ersten Säule der Altersvorsorge dringlich ist. Ohne Reform fehlen der AHV im Jahr 2035 über zehn Milliarden Franken – pro Jahr.

Ein Baustein der vom Bundesrat vorgeschlagenen Reform sind positive Anreize, damit sich die Erwerbstätigkeit über das Pensionsalter hinaus lohnt. Der Schweizerische Arbeitgeberverband fordert deshalb vom Parlament die Erhöhung des Freibetrags für erwerbstätige AHV-Bezüger. Dieser wurde seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr angepasst. Heute muss ein Rentner auf den ersten 1400 Franken seines Monatslohns keine AHV bezahlen. Um die Geldentwertung auszugleichen, muss der Betrag auf 2000 Franken angehoben werden. Denn der Freibetrag spielt in der persönlichen
Beurteilung von Menschen im AHV-Alter, ob und in welchem Umfang sie weiterarbeiten wollen, eine wichtige Rolle.

Die Kolumne von Valentin Vogt ist in der «Zürichsee-Zeitung» erschienen.