Inländervorrang ist zu bürokratisch

7. November 2016 News

Gemäss dem Vorschlag seiner staatspolitischen Kommission soll der Ständerat den mehrstufigen Vorschlag des Nationalrats zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative fallenlassen. Stattdessen soll ein von der Zuwanderung unabhängiger Inländervorrang greifen. Die Arbeitgeber stehen dem weder zuwanderungsbedingten noch abgestuften Modell skeptisch gegenüber. Es zieht einen nicht zu bewältigenden bürokratischen Aufwand nach sich.

Die staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S) beantragt, vom dreistufigen Konzept des Nationalrats zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative nur noch die Stellenmeldepflicht der Arbeitgeber an die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) beizubehalten. Diese soll für Berufsgruppen in Abhängigkeit der jeweiligen Arbeitslosigkeit gelten. Zusätzlich müssten Arbeitgeber eine noch zu definierende Anzahl von den RAV vermittelte Kandidatinnen und Kandidaten zwingend zu einem Vorstellungsgespräch einladen und könnten diese Personen nur mit qualifizierten Begründungen ablehnen. Eine als ungenügend eingestufte Begründung soll mit Bussen bis zu 40’000 Franken geahndet werden. Dieses Regime soll sofort und unabhängig davon, ob die Zuwanderung einen Schwellenwert überschreitet, eingeführt werden.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband teilt das Anliegen der SPK-S, den Umsetzungsvorschlag des Nationalrats griffiger auszugestalten. Denn eine langfristig ausgerichtete Lösung muss innenpolitisch breit abgestützt sein, um die Beziehungen zur EU, einem unserer wichtigsten Handelspartner, zu stabilisieren. Sollte Artikel 121a BV nicht wirksam umgesetzt werden, könnten isolationistische Tendenzen die Oberhand gewinnen. In diesem Fall dürfte das Verhältnis der Schweiz zur EU in künftigen Volksabstimmungen gefährdet sein.

Ein von der Zuwanderungsentwicklung unabhängiger Inländervorrang mit einer sofortigen Einladungspflicht zum Vorstellungsgespräch käme einer permanenten Arbeitsmarktregulierung gleich, die aufgrund der Vielzahl betroffener Stellen einen immensen bürokratischen Aufwand und hohe Kosten nach sich ziehen würde. Über die Stellenmeldepflicht hinausgehende Massnahmen sind deshalb im Urteil der Arbeitgeber erst angebracht, wenn diese ihre Wirkung auf dem Arbeitsmarkt verfehlt und die Zuwanderung eine Schwelle zur Inkraftsetzung von weiteren Abhilfemassnahmen übersteigen sollte. Dieses abgestufte Vorgehen nimmt besser Rücksicht auf unterschiedliche berufsspezifische und regionale Probleme im Arbeitsmarkt.

Die Arbeitgeber tragen nach wie vor eine auf Nichtmangelberufe und Wirtschaftsregionen bezogene sowie zeitlich befristete Meldepflicht offener Stellen an die RAV mit. Um die betreffenden Nichtmangelberufe zu erheben, liegt zum Beispiel mit dem Mangelindikator des Kantons Zürich ein praxistaugliches Instrument vor. Die Beurteilung der Nichtmangelberufe nur nach Höhe einer gesamtschweizerischen Arbeitslosenquote ist der falsche Ansatz.

Für eine zielführende und praxistaugliche Umsetzung des Inländervorrangs müssen die RAV zwingend verpflichtet werden, den Arbeitgebern innert zweier Arbeitstage geeignete Bewerber zu vermitteln. Dabei sollen die RAV künftig Kandidaten aus einem nationalen Pool abgreifen können. Mit einer qualitativ hochwertigen Vermittlungstätigkeit der RAV können für die Arbeitgeber positive Anreize zur Meldung von offenen Stellen geschaffen werden. Hochrechnungen der Zahlen aus dem Kanton Zürich legen nahe, dass mit der Meldepflicht und den Vermittlungsvorschlägen der RAV jährlich 6‘000 bis 10’000 Personen pro Jahr vermittelt werden könnten.