EL-Reform: Kosmetik reicht nicht!

16. März 2016 Medienmitteilungen

Die Kosten für die Ergänzungsleistungen (EL) wachsen unaufhaltsam. Allein in den letzten zehn Jahren stiegen sie um 50 Prozent auf fast 5 Milliarden Franken pro Jahr. Ohne Gegenmassnahmen droht bis 2030 ein weiterer Kostenschub auf beinahe 7 Milliarden Franken. Es ist somit höchste Zeit, das EL-System gründlich umzubauen. Gefordert sind erstens eine Entflechtung der Verbundaufgabe zwischen Bund und Kantonen, zweitens die Beseitigung von Fehlanreizen und drittens die Stärkung der Eigenverantwortung. Der Reformvorschlag des Bundesrats kratzt dagegen nur an der Oberfläche der EL-Probleme.

Die Kosten für die Ergänzungsleistungen (EL) steigen und steigen. Innerhalb der letzten zehn Jahre erhöhten sich die EL-Ausgaben um mehr als 50 Prozent auf 4,7 Milliarden Franken pro Jahr. Bis 2030 drohen sie demografiebedingt auf jährlich 6,7 Milliarden Franken anzuwachsen. Insbesondere die Kantone geraten dabei unter Druck – sie tragen rund 70 Prozent der Kosten. Angesichts der elementaren Aufgabe, welche die Ergänzungsleistungen im Gefüge der sozialen Sicherheit einnehmen – sie unterstützen gezielt und bedarfsgerecht AHV- oder IV-Bezüger, die von ihren Renten und ihrem Vermögen nicht leben können –, ist die Kostenexplosion im EL-System besorgniserregend.

Wer die soziale Sicherheit der Schwächsten nicht aufs Spiel setzen will, muss das System der EL deshalb gründlich umbauen. Eine Optimierung des EL-Systems ist umso mehr angezeigt, als die wirtschaftlichen Aussichten – sowohl demografisch als auch konjunkturell bedingt – wenig rosig sind. «Mit dem knapper werdenden Geld müssen wir diejenigen unterstützen, die effektiv darauf angewiesen sind», erinnert Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, an die Kernaufgabe der Ergänzungsleistungen bzw. an den Verfassungsauftrag der Existenzsicherung.

Der Reformvorschlag des Bundesrats hat allerdings nicht das Zeug dazu, die Ergänzungsleistungen für die künftigen Herausforderungen zu wappnen. Zwar unterstützt der Arbeitgeberverband viele der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen, jedoch sind diese bloss erste kleine Schritte auf dem Weg zu einem nachhaltigen EL-System. «Die Einsparungen des Bundesrats von 150 bis 170 Millionen Franken sind angesichts des milliardenhohen Kostenanstiegs in den Ergänzungsleistungen Kosmetik», verdeutlicht Martin Kaiser, Ressortleiter Sozialpolitik und Mitglied der Geschäftsleitung beim Schweizerischen Arbeitgeberverband.

Bessere Steuerbarkeit und Korrigieren von Fehlanreizen

Um das EL-System fit für die Zukunft zu machen, braucht es Reformmassnahmen auf zwei Ebenen. Erstens gilt es, die Verbundaufgabe zwischen Bund und Kantonen im Rahmen der Ergänzungsleistungen zu entflechten – und zwar in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen. Das System muss transparenter und damit besser steuerbar werden. Die Kantone, welche die Leistungen mehrheitlich, bei den Heim- und Pflegekosten sogar vollständig finanzieren, müssen auch über die nötigen Entscheidungskompetenzen verfügen – ganz gemäss dem Grundsatz «Wer zahlt, befiehlt».

Zweitens gilt es, Fehlanreize zu korrigieren und die Eigenverantwortung potenzieller EL-Bezüger zu stärken. Unter anderem fordert der Arbeitgeberverband hier folgende Reformmassnahmen:

  • Bei den Ergänzungsleistungen zur IV müssen negative Arbeitsanreize beseitigt und Schwelleneffekte beim Austritt aus dem EL-System abgebaut werden. Arbeit muss sich lohnen!
  • Mit Blick auf die Ergänzungsleistungen zur AHV gilt es, die Vorsorgefähigkeit zu stärken – über eine schrittweise Rentenalter-Erhöhung, die Senkung der Beitragspflicht in der zweiten Säule auf 21 Jahre, die Besserstellung von Teilzeit-Arbeitenden in der zweiten Säule sowie die Prüfung einer obligatorischen beruflichen Vorsorge für Selbstständigerwerbende.
  • Die Vermögen von (potenziellen) EL-Bezügern müssen künftig stärker berücksichtigt werden – unter anderem indem die Vermögensfreibeträge heruntergesetzt werden und eine Vermögensschwelle eingeführt wird. Letzteres wirkt zudem der Verbürokratisierung der Ergänzungsleistungen entgegen.
  • Um die Vorsorgefähigkeit zu stärken, könnte arbeitgeberseitig auch die Verankerung des Prinzips «Rente statt Kapital» in der zweiten Säule akzeptiert werden – jedoch ausschliesslich innerhalb der obligatorischen beruflichen Vorsorge. Eine Einschränkung des Kapitalbezugs zur Finanzierung einer Selbstständigkeit lehnen die Arbeitgeber dagegen kategorisch ab.

Die Reformforderungen der Arbeitgeber zeigen, dass die EL-Reform eine Gesamtschau verlangt – der Blick muss über die Ergänzungsleistungen hinaus auf das gesamte Sozialsystem geweitet werden. Die Reformen in der Altersvorsorge und in der Invalidenversicherung sind deshalb genauso wichtig für ein finanziell stabiles EL-System wie der Umbau des EL-Systems selbst. Unsinnig wäre es deshalb, eine Erhöhung der anrechenbaren Mietzinsmaxima losgelöst von der EL-Reform zu behandeln – wie das der Bundesrat beabsichtigte. Die Erhöhung der anrechenbaren Mietzinsmaxima würde die Einsparungen der bundesrätlichen Reformvorlage gleich wieder aufheben. Damit wird klar: Wer ein zukunftsfähiges EL-System will, der muss es ganzheitlich reformieren – im Interesse der sozial Schwächsten.

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