Die AHV-Reform des Bundesrats bleibt ein aussichtsloses Unterfangen

28. Juni 2018 Medienmitteilungen

Der Bundesrat hat seine Vorlage zur AHV-Reform in die Vernehmlassung geschickt. Mit ihrem Vorschlag rückt die Landesregierung weiterhin nicht davon ab, die strukturellen Probleme der AHV mit massiven Zusatzfinanzierungen zu übertünchen, statt sie an der Wurzel zu packen.

Der Bundesrat hat die Vernehmlassung zur AHV-Revision eröffnet und dabei – nicht überraschend – seine im März verabschiedeten Eckwerte bestätigt. Mit der Angleichung des Rentenalters auf 65/65 in vier Schritten und einer massiven Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,5 Prozentpunkte will er die Renten über die Pensionierungsspitze der geburtenstarken Jahrgänge hinweg retten. Damit verkennt er die Warnzeichen des enorm knappen Resultats bei der Abstimmung über die Mehrwertsteuererhöhung zur Reform Altersvorsorge 2020. Das Abstimmungsresultat ist ein deutlicher Fingerzeig, dass eine Steuererhöhung «auf Vorrat» von mehr als 0,6 Mehrwertsteuer-Prozenten selbst eine abgespeckte AHV-Reformvorlage erneut gefährdet. Einmal mehr wird es aller Voraussicht nach an Parlament und Volk sein, korrigierend einzuschreiten. Mit einer einschneidenden Steuererhöhung würde der Bundesrat sogar eine stark negative Wirtschaftsentwicklung in Kauf nehmen. Namentlich der Binnenwirtschaft würde eine milliardenschwere Zusatzbelastung aufgebürdet. Belastet würden zudem die privaten Haushalte: Eine Mittelstandfamilie hätte rund 70 Franken pro Monat weniger im Portemonnaie, während ein Rentnerpaar mit durchschnittlicher Rente monatlich rund 60 Franken weniger zur Verfügung hätte. Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) ist dieses Vorgehen der Regierung mit Blick auf eine obligatorische Volksabstimmung ein aussichtsloses Unterfangen.

Statt mit einer überschaubaren und ausgewogenen ersten kleineren Reform die AHV-Renten mittelfristig zu sichern, riskiert der Bundesrat mit seinem Ansatz ein neuerliches Scheitern. Der Wille, dieses zentrale Dossier eigenverantwortlich zu prägen, ist kaum erkennbar, obwohl das Volk die demografischen Realitäten längst verstanden hat. Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass sich der finanzielle Druck auf die umlagefinanzierte AHV stark erhöht. Mittelfristig sind deshalb strukturelle Massnahmen unumgänglich, wozu aus Sicht der Arbeitgeber eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters ab etwa Mitte der 20er-Jahre gehört. Diese Einsicht ist in anderen europäischen Ländern längst in die Politik eingeflossen.

Die bevorstehende Pensionierungswelle der Babyboomer führt auch auf dem Arbeitsmarkt zu einer Belastungsprobe, da bereits in wenigen Jahren Fachkräfte im Umfang von bis zu einer halben Million Vollzeitstellen fehlen werden. Mittelfristig ist deshalb eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters über 65 hinaus nicht nur erforderlich zur Rentensicherung, sondern auch, um den sich zuspitzenden Fachkräftemangel zu verringern. Die Landesregierung hätte diesen fundamentalen Zusammenhang nicht ignorieren dürfen und stattdessen wenigstens Vorschläge zur Förderung der freiwilligen Weiterarbeit über das Referenzrentenalter hinaus machen müssen. Für die Arbeitgeber gehört dazu mindestens eine Erhöhung des AHV-Freibetrags auf Einkommen, die nach dem Referenzalter erzielt werden. Wirksamer wären indessen die Aufhebung der AHV-Pflicht auf entsprechende Einkommen sowie ihre steuerliche Privilegierung.

Weitere Auskünfte

  • Roland A. Müller, Direktor Schweizerischer Arbeitgeberverband, Tel. 079 220 52 29,  mueller@arbeitgeber.ch
  • Martin Kaiser, Ressortleiter Sozialpolitik, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Tel. 079 517 68 26,  kaiser@arbeitgeber.ch