Zu teure Ferienforderung

13. Februar 2012 Meinungen

Die Annahme der Initiative «Sechs Wochen Ferien für alle» würde die Unternehmen zu stark belasten. Von einem Feriendefizit der Beschäftigten in der Schweiz kann zudem keine Rede sein.

Die Initiative «Sechs Wochen Ferien für alle» ist ein Schönwetter-Kind. Als sie im Sommer 2007 lanciert wurde, schien die pralle Sonne auf das wirtschaftliche Umfeld. Die Geschäfte boomten und kaum jemand machte sich Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. Wer – ausser die Arbeitgeberverbände – wollte da der gewerkschaftlichen Forderung nach mehr Ferien widersprechen? Inzwischen hat sich die Szenerie dramatisch geändert. Die Exportindustrie und der Tourismus ächzen unter der Hypothek des überbewerteten Frankens, die internationale Nachfrage lässt nach – und die Sorge um den Verlust von Arbeitsplätzen ist wieder ins Zentrum des wirtschaftspolitischen Interesses gerückt.

Garstiger wirtschaftlicher Wetterwechsel
Der garstige wirtschaftliche Wetterwechsel hat uns in Erinnerung gerufen, dass alle Leistungen der Arbeitgeber – ob Lohn, Sozialleistungen oder eben Ferien – betriebswirtschaftliche Kosten sind, die über die Preise an den Märkten gedeckt werden müssen. Das ist nur so weit möglich, wie sich diese Preise respektive Arbeitskosten im Rahmen dessen halten, was die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zulässt. Wird dieser Rahmen überschritten, dann gehen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen immer zu Lasten der Beschäftigung.

Dieser Zusammenhang spricht klar gegen die Ferieninitiative, denn mit ihrer Annahme würden die ohnehin schon sehr hohen Arbeitskosten in der Schweiz weiter nach oben getrieben. Bei einer zusätzlichen Ferienwoche beträgt der Anstieg der Arbeitskosten für die einzelne Unternehmung über zwei Prozent, und die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Ferieninitiative beliefen sich – konservativ geschätzt – auf etwa 6,3 Milliarden Franken.

Der Preis ist zu hoch
Dieser Preis der Ferieninitiative ist zu hoch, zumal von einem Feriendefizit der Beschäftigten nicht die Rede sein kann. Obwohl der gesetzliche Ferienanspruch vier Wochen pro Jahr beträgt, profitieren nämlich viele Arbeitnehmende von gesamtarbeitsvertraglichen oder Firmenregelungen, die weit über das gesetzliche Minimum hinausgehen.

So erhalten die Beschäftigten in der Bauwirtschaft, in der Druckindustrie und in der Uhrenindustrie bis zum 50. Altersjahr fünf Wochen und danach sechs Wochen Ferien. Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat eine nahezu gleich grosszügige Lösung, und in der MEM-Industrie sind die 40- bis 50-Jährigen sogar noch besser gestellt. Auch in anderen Branchen liegen die effektiven Ferienansprüche, vor allem für die mittleren und oberen Alterskategorien, deutlich über vier Wochen. Zudem haben die Beschäftigten noch acht bis zehn bezahlte Feiertage.

Vom Ferien-Groove zum Beschäftigungs-Blues
Entscheidend ist dabei, dass die guten effektiven Ferienbedingungen in der Schweiz von den betroffenen Sozialpartnern auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der jeweiligen Branchen oder Unternehmen abgestimmt sind. Diese Differenzierungsmöglichkeiten gingen mit der Erhöhung des gesetzlichen Minimums von vier auf sechs Wochen Ferien verloren. Viele Arbeitgeber könnten die Kostenfolgen nicht tragen und müssten entweder bei anderen Leistungen kürzen und / oder Personal abbauen.

Es ist zu hoffen, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 11. März den Verlockungen der Initiative «Sechs Wochen Ferien für alle» widerstehen. In der wirtschaftlichen Realität könnte sonst leicht aus dem «Ferien-Groove» ein «Beschäftigungs-Blues» werden.