Personenfreizügigkeit: Die neue Zuwanderung ist ein Gewinn für die Schweiz

25. Mai 2012 News

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zieht in einem Bericht Bilanz über die Erfahrungen aus den ersten zehn Jahren Personenfreizügigkeit. Sie habe die Schweiz wirtschaftlich vorwärts gebracht. Negative Auswirkungen des freien Personenverkehrs auf die Arbeitslosigkeit oder die Löhne seien «eng begrenzt» geblieben. Der Schweizerische Arbeitgeberverband ist überzeugt, dass die Arbeitsmarktöffnung zur EU insgesamt als klarer Gewinn für die Schweiz bezeichnet werden kann.

Wie aus dem 8. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen hervorgeht,  hängt die Zuwanderung aus dem EU/Efta-Raum stark von der Nachfrage nach Arbeitskräften und damit von der Konjunktur ab. Im Jahr 2008 erreichte die Netto-Zuwanderung mit einem Plus von 90’200 Menschen (davon rund 60’000 aus EU-/Efta-Ländern) den Höhepunkt. Mit der Finanzkrise verringerte sich die Zuwanderung auf 67’000 Personen, bevor sie letztes Jahr wieder auf 78’500 anstieg.

«Zugewanderte Arbeitskräfte als gute Ergänzung»
Die zugewanderten Arbeitskräfte aus der EU stellten mehrheitlich eine gute Ergänzung zum ansässigen Arbeitskräftepotenzial dar, schreibt das Seco. Negative Auswirkungen auf die ansässigen Arbeitnehmenden seien eng begrenzt geblieben. Die Öffnung könnte die Lohnentwicklung allenfalls leicht gebremst haben.

Eine Erosion tiefer Löhne habe aber nicht stattgefunden. Die Lohnstruktur sei «erstaunlich stabil» geblieben. Die Entwicklung der Lohnverteilung zwischen 2002 und 2010 lege nahe, dass seit Inkrafttreten des Abkommens «kein besonders starker Druck auf tiefe Löhne ausgeübt werden konnte». Laut Seco zeigten hier die flankierenden Massnahmen und die Gesamtarbeitsverträge (GAV) Wirkung.

Zwischen «alter» und «neuer» Zuwanderung unterscheiden
Das Seco sieht nur in der Industrie und im Baugewerbe Anzeichen dafür, dass die Einstiegslöhne unter Druck gekommen sein könnten. Genaueres dazu verspricht sich die Verwaltung von einer Studie, die Ende August 2012 veröffentlicht werden soll.

Das Seco stellte den Bericht an einer Medienkonferenz vor. Thomas Daum, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), wies in seinem Referat auf verschiedene Teilergebnisse des Berichts hin. Sie bestätigten, dass zwischen der «alten Zuwanderung» gemäss früherer Ausländerpolitik und der «neuen Zuwanderung» unter dem Regime der Personenfreizügigkeit unterschieden werden müsse. «Nur so ist eine faire Beurteilung der Vor- und Nachteile der Personenfreizügigkeit für die Schweiz möglich», sagte er.

Notwendig für Prosperität der Schweiz
Diese Beurteilung habe von der Tatsache auszugehen, dass die gute Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften für unser Land und seine hochentwickelte Volkswirtschaft von entscheidender Bedeutung sei, allein aus dem relativ kleinen inländischen Arbeitsmarkt heraus aber nicht gewährleistet werden könne.

«Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und Analysen erscheint die Personenfreizügigkeit als Gewinn für die Schweiz und als notwendige Voraussetzung für die weitere wirtschaftliche Prosperität unseres Landes», sagte Daum weiter. «Dabei übersehen wir keineswegs ihre Begleiterscheinungen auf dem Immobilienmarkt, bei der Belastung der Infrastruktur oder im gesellschaftlichen Bereich.» Diese Folgen könnten jedoch mit einer guten Politik soweit abgefedert werden, dass die Gesamtbilanz deutlich positiv bleibe.