«1:12»-Initiative: nicht zielführend, sondern schädlich

17. Juni 2013 News

Die Unia weist in ihrer aktuellen Lohnscheren-Studie auf gestiegene Managerlöhne und stagnierende untere Löhne hin. Sie hofft, dass die «1:12»-Initiative Geld freisetzt und damit die untersten Löhne aufgestockt werden. Der Schweizerische Arbeitgeberverband ist entschieden gegen die «1:12»-Initiative: Sie schadet den Arbeitnehmern, schwächt den Standort Schweiz und verursacht Steuerausfälle und geringere Sozialversicherungsbeiträge.

Die Unia weist in ihrer aktuellen Lohnscheren-Studie auf gestiegene Managerlöhne und stagnierende Löhne am unteren Ende der Lohnpyramide hin. Sie hofft, dass die «1:12»-Initiative Geld freisetzt und damit die untersten Löhne aufgestockt werden.

Lohnverteilung stabil
Die schweizerische Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik zeigt allerdings ein anderes Bild. Die Lohnverteilung blieb in den letzten rund 15 Jahren nämlich relativ stabil. So wuchsen die untersten Löhne zwischen 1994 und 2010 durchschnittlich um 1,4 Prozent pro Jahr, der Medianlohn um 1,3 Prozent und der oberste Lohnbereich um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr. Der Trend zu absoluten Spitzensalären scheint zudem gebrochen. Gemäss der Studie «Executive Compensation & Corporate Governance» von pwc sind die Jahressaläre der CEO bei den SMI-notierten Konzernen zwischen 2007 und 2011 um 25 Prozent gesunken.

Schädliche «1:12»-Initiative
Der Schweizerische Arbeitgeberverband lehnt die «1:12»-Initiative aus verschiedenen Gründen ab: Sie schützt die Arbeitnehmer nicht, sondern schadet ihnen vielmehr, schwächt den Standort Schweiz und führt zu Steuerausfällen und geringeren Sozialversicherungsbeiträgen.

  • Die «1:12»-Initiative greift ungerechtfertigt in die Vertragsautonomie ein
    Eingriffe in die Vertragsautonomie sind nur gerechtfertigt, wenn sie dem Schutz der Arbeitnehmer und deren grundlegenden Interessen dienen. Die «1:12»-Initiative erreicht keines dieser Ziele, sondern will bestimmte Vorstellungen über «gerechte» Lohnverhältnisse rechtlich verankern.
  • Die «1:12»-Initiative schwächt den Standort Schweiz
    Von der Initiative betroffene Unternehmen werden im Fall einer Annahme weder die obersten Löhne massiv senken noch die untersten Löhne stark anheben. Vielmehr werden sie nach Alternativen zur Einhaltung der geforderten Lohnspanne suchen: Sie lagern Niedriglohn-Tätigkeiten aus, teilen die Firma auf (zum Beispiel in Management- und Produktionsgesellschaft), stellen ihre Kader bei ausländischen Gruppengesellschaften an oder verlegen Unternehmensteile bzw. das ganze Unternehmen ins Ausland. Solche von der Initiative provozierten Reaktionen sind nicht im Interesse des Standorts Schweiz.
  • Die «1:12»-Initiative schadet den Arbeitnehmern
    Die Hoffnung der Initianten, die Beschränkung hoher Löhne werde sich positiv auf die Lohnentwicklung der Arbeitnehmer unterhalb des Top-Kaders auswirken, wird sich nicht erfüllen. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Bei einer Annahme der Initiative würden Outsourcing, die Aufspaltung von Unternehmen oder deren Wegzug nicht zu mehr Lohn für diese Arbeitnehmer führen. Die Löhne der verbleibenden Belegschaft dürften sich sogar negativ entwickeln. Denn Unternehmen mit hohen Kaderlöhnen bezahlen im Durchschnitt auch den übrigen Arbeitnehmern überdurchschnittliche Löhne.
  • Die «1:12-Initiative» nimmt Steuerausfälle und geringere Sozialversicherungsbeiträge in Kauf
    Bei aller berechtigten Kritik an hohen Manager-Entschädigungen darf nicht übersehen werden, dass diese über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wieder umverteilt werden. Im Jahr 2008 bezahlte das oberste Prozent der Steuerpflichtigen 41 Prozent der Bundessteuereinnahmen (Einkommenssteuer), während die obersten 10 Prozent der Steuerpflichtigen 78 Prozent beitrugen. Die Summe der AHV-/IV-/EO-Beiträge auf Löhnen ab 500’000 Franken erreichte 2010 zudem über 1,4 Milliarden Franken. Werden die höheren Löhne gekürzt oder entfallen sie wegen der Verlagerung von Firmen(-teilen) ins Ausland ganz, entgehen dem Staat und den Sozialversicherungen Umverteilungserträge in Milliardenhöhe.