«Wir müssen mehr tun, was wir nicht tun müssen»

18. November 2011 News

Wie können Arbeitgeber motiviert werden, Handicapierten den Weg zurück an die Arbeit zu ermöglichen? Ein Beispiel ist der «Thuner Sozial-Stern», der Betriebe für ihr besonderes Engagement bei der Eingliederung von psychisch erkrankten Menschen auszeichnet. Der Preis ging dieses Jahr an ein Altersheim mit 105 Mitarbeitenden, welches bereits seit Jahrzehnten Menschen mit Leistungsbeeinträchtigung beschäftigt.

Der «Thuner Sozial-Stern» wird an Unternehmen aus dem Berner Oberland verliehen, die sich besonders für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung einsetzen. Der Preis wurde dieses Jahr bereits zum 15. Mal vergeben. Die Auszeichnung erhielt das Altersheim «Turmhuus» aus Uetendorf.

«Verständnisvolles Arbeitsumfeld unterstützt bei Krisen»
Das Altersheim zählt 105 Mitarbeitende und beschäftigt seit Jahrzehnten Menschen mit einer Leistungsbeeinträchtigung. Es bietet Festanstellungen und Plätze für Arbeitstrainings an. Das Altersheim will Betroffene nicht nur fordern und fördern, sondern sie auch nach ihren Möglichkeiten in der Hauswirtschaft, Küche, Caféteria und Administration einsetzen. Sowohl die Leitung als auch die Mitarbeitenden nehmen Rücksicht, wenn Betroffene wegen psychischer Krisen Leistungsschwankungen haben. Sie unterstreichen, dass «ein verständnisvolles und tragendes Arbeitsumfeld sehr unterstützend wirkt bei der Bewältigung von Krisen.»

Für den Sozialpreis waren insgesamt 27 Betriebe vorgeschlagen worden. Sie bieten insgesamt rund 80 Arbeitsplätze für Menschen mit einer Leistungsbeeinträchtigung an, sei dies nun aus psychischen, geistigen oder körperlichen Gründen. Die Auszeichnung beinhaltet eine durch Sponsoren gestiftete Preissumme von 8000 Franken, eine Urkunde, das Label «Thuner Sozial-Stern» und einen Wanderpreis. Das Preisgeld muss zweckgebunden eingesetzt werden und soll weiteren Eingliederungsmassnahmen zu Gute kommen.

«Wohlstand, aber auch gesellschaftliche Veränderungen»
An der Preisverleihung wirkte Christine Egerszegi-Obrist als Gastrednerin, sie ist Ständerätin für den Kanton Aargau. «Wir müssen mehr tun, was wir nicht tun müssen», sagte sie. Auch wies sie auf die Entwicklung der letzten 30 Jahre hin, die Wohlstand, aber auch grosse gesellschaftliche Veränderungen gebracht habe. Die Referentin zeigte sich überzeugt, «dass alle einen gemeinnützigen Beitrag leisten müssen, um das erfolgreiche und menschliche Zusammenleben in unserem Land auch inskünftig zu erhalten.» Sie sei dankbar, dass es Institutionen wie den aktuellen Preisträger gebe, die in diesem Zusammenhang besonders viel leisteten.

Verliehen wird der Preis von der «Beruflichen Förderung & Klärung» (BFK) Thun, einer Abteilung der psychiatrischen Dienste des örtlichen Spitals. Die BFK unterstützt Menschen mit einer psychischen oder körperlichen Beeinträchtigung bei ihrem Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Sie hat 1997 den Thuner Sozial-Preis ins Leben gerufen.

Preis soll Arbeitgeber zur Nachahmung anregen
Das Sozial-Label soll Betriebe auszeichnen, die Eingliederungsplätze anbieten und weitere Arbeitgeber zur Nachahmung anregen. Eine 10-köpfige Jury mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und dem sozialen Bereich wählt jeweils die Preisträger aus nach Kriterien wie Anzahl Eingliederungsplätze, Art der Begleitung, Dauer und Nachhaltigkeit.