Positive Bilanz der Personenfreizügigkeit

5. Juli 2016 News

Die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit bleiben trotz schwieriger Wirtschaftslage überwiegend positiv. Gemäss dem neuen Bericht zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU deckt sich die Zuwanderung gut mit der Arbeitsnachfrage im Inland und trägt wesentlich zur Sicherung der Sozialwerke bei. Auch die Lohnentwicklung bleibt dank der Flankierenden Massnahmen stabil.

Der diesjährige Observatoriumsbericht steht ganz im Zeichen des starken Frankens. Wegen der Aufwertung erhöhte sich die Erwerbslosenquote im ersten Quartal 2016 um 0,7 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Demgegenüber reagierte der EU-Wanderungssaldo zunächst nur geringfügig auf die Eintrübung der Beschäftigungslage und ging im Jahr 2015 um rund 3000 Personen zurück. Anfang 2016 verschärfte sich jedoch der Abwärtstrend: Die Nettozuwanderung aus dem EU-Raum fiel bis Mai um 4800 Personen tiefer aus als im selben Zeitraum des Vorjahres.

Der zwölfte Observatoriumsbericht schlüsselt die Zuwanderung auch nach Herkunftsländern auf. Demnach hat die Zuwanderung aus den Ländern Süd- und Osteuropas im Vergleich zu jener aus Nord- und Westeuropa und insbesondere aus Deutschland im vergangenen Jahr weiter zugenommen. Damit einher ging ein leichter Rückgang des durchschnittlichen Qualifikationsniveaus bei den Neuzugewanderten. Der EU/Efta-Raum bleibt aber weiterhin bedeutend für die Rekrutierung von hoch qualifizierten Fachkräften. Wenn sich das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte aus EU/Efta-Staaten indes weiter verringere, müssten auch zukünftig Spezialisten aus Drittstaaten zugelassen werden, meinte Roland A. Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, an der Medienkonferenz.

Die Zuwanderung decke sich nach wie vor gut mit der inländischen Arbeitsnachfrage, sagte Müller. Denn: Inländische Arbeitnehmende konnten in den letzten zwölf Jahren ihre Erwerbstätigenquoten von 78,4 auf 80,2 Prozent erhöhen. «Der Arbeitsmarkt war und ist in der Lage, die Zuwanderung aufzunehmen», betonte der Arbeitgeber-Direktor. Die Befürchtung, durch die Zuwanderung würden inländische Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt gedrängt, hat sich laut den Autoren nicht bewahrheitet. Die Flankierenden Massnahmen erwiesen sich als wirkungsvolles Instrument, auch um Lohndumping zu verhindern. Sie sorgten dafür, dass das Lohnwachstum insgesamt robust und über die Lohnverteilung hinweg ausgewogen ausfiel.

Im Bericht werden die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit positiv bilanziert. Die zugewanderten Personen tragen massgeblich zur Sicherung der Sozialwerke bei. Ohne Zuwanderung wäre das Umlageergebnis der AHV bereits 2009 negativ gewesen. Ausserdem zeigt der Bericht, dass die Personenfreizügigkeit nicht zu einer Zunahme ausländischer Bezüger von IV-Leistungen führt.

Trotz des überwiegend erfreulichen Befunds ist sich der Schweizerische Arbeitgeberverband bewusst, dass nur die Bekämpfung der nachteiligen Auswirkungen der Zuwanderung die Akzeptanz in der Bevölkerung stärkt. Mit Blick auf die älteren Arbeitskräfte ist ein Kündigungsschutz aber das falsche Mittel. Zum einen würden die Anreize der Arbeitgeber sinken, ältere Mitarbeitende anzustellen. Zum andern würde das Risiko einer Entlassung bereits in den Jahren vor Eintreten des Kündigungsschutzes steigen.