Gegen pauschale Eingriffe in die Lohnpolitik von Unternehmen

20. Juni 2011 News

Gemäss einer Stichprobe der Gewerkschaft Travail.Suisse stiegen 2010 die Durchschnittslöhne bei Spitzenmanagern in 16 von 27 untersuchten Schweizer Unternehmen stärker als die Tiefstlöhne. Der Schweizerische Arbeitgeberverband weist darauf hin, dass es den Unternehmen überlassen bleiben muss, wie sie ihr Salärsystem konzipieren.

Seit 2002 nimmt Travail.Suisse alljährlich die Managerlöhne in 27 Schweizer Unternehmen unterschiedlicher Branchen unter die Lupe. Im letzten Jahr habe sich der Unterschied zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn einer Firma vergrössert, teilte der Gewerkschaftsdachverband mit. In 16 von 27 untersuchten Unternehmen seien die Durchschnittslöhne für Spitzenmanager stärker gestiegen als die Tiefstlöhne. Nach Auffassung der Gewerkschaft braucht es politische Massnahmen. Genannt werden eine Begrenzung der Boni und Verbot von Sonderzahlungen, eine Boni-Steuer ab 1 Mio. Franken, eine Abstimmung über individuelle Saläre der Konzernleitung, sowie eine angemessene Personalvertretung im Verwaltungsrat.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) verweist auf die Tatsache, dass es sich um eine kleine, selektive Stichprobe bei den grössten Unternehmen in der Schweiz handelt. Vor allem zeigen die wenig erstaunlichen Feststellungen, dass es oft von einzelnen Spitzenmanagern abhängt, wie sich die Verhältnisse im Lohnbereich entwickeln.

Zu den einzelnen Forderungen der Gewerkschaft:

Begrenzung der Boni und Verbot von Sonderzahlungen
Nach Meinung des SAV sollen die Firmen frei entscheiden können, wie sie die Leistungen honorieren wollen. Die Beschränkung von Boni auf der Höhe eines Monatslohnes greift jedoch in die Salärgestaltungsfreiheit der Unternehmen wie auch in die Vertragsfreiheit ein. Es muss den Unternehmen überlassen bleiben, wie sie ihr Salärsystem konzipieren. Ein gut durchdachtes System verhindert Exzesse, belohnt aber eine gute Leistung des einzelnen. Bei der Credit Suisse zum Beispiel ist der Lohnunterschied etwas kleiner geworden. Grund dafür ist, dass die Grossbank ihr Bonusprogramm revidiert und die Multiplikatoren ausgeschaltet hat.

Über ein Bonussystem kann zudem ermöglicht werden, dass auch die Belegschaft an einer guten Performance der Unternehmung teilhaben kann. Es macht wenig Sinn, die Höhe der Boni willkürlich zu begrenzen, weil es alle gleichermassen trifft. Das vorgeschlagene Verbot von Antritts- und Abgangsentschädigungen ist schliesslich ein hilfloser Versuch, einzelne Exzesse zu bekämpfen. Vielmehr würde es oft auch durchschnittliche Arbeitnehmende treffen. Zum Beispiel dann, wenn ein neuer Arbeitgeber bei einem Stellenwechsel eines Mitarbeitenden die Beteiligung an einer Weiterbildung zurückbezahlen könnte.

Boni-Steuer ab 1 Mio. Franken
Nach Meinung des SAV versucht die Gewerkschaft mit dieser Forderung, willkürlich in die arbeitsrechtliche Vertragsfreiheit einzugreifen. Es ist Sache des Unternehmers oder der Aktionäre, über Entschädigungen zu entscheiden. Das geforderte Modell stellt eine massive Verschärfung gegenüber der Variante einer Steuer für Boni über 3 Mio. Franken dar, wie sie im Parlament diskutiert und vom SAV abgelehnt wird. Arbeitsverträge von Angestellten jeglicher Stufe mit einem Gesamtsalär von über 1 Mio. Franken könnten nicht mehr vorbehaltlos abgeschlossen werden. Damit würde eine willkürliche staatliche Höchstlohngrenze eingeführt, die nur unter bestimmten Bedingungen überschritten werden dürfte.

Konkrete Folge könnte sein, dass die Rekrutierung oder das Halten von wichtigen Schlüsselpersonen bei Turnarounds in Schweizer Aktiengesellschaften erschwert würde. Solche Personen würden dann einfach über ausländische, nicht unter Schweizer Recht fallende Tochtergesellschaften angestellt.

Abstimmung über Saläre der Konzernleitung
Viele Unternehmen haben dazu bereits Konsultativabstimmungen eingeführt. Eine Abstimmung über die Entschädigungen von Verwaltungsrat und Konzernleitung ist praktisch nicht umsetzbar. Der Lohn muss grundsätzlich im Voraus festgelegt werden und kann nicht im Nachhinein verändert werden. Die Umsetzung der gewerkschaftlichen Forderung würde aber bedeuten, dass die Generalversammlung jeweils über die Entschädigungen für das kommende Jahr zu entscheiden hätte. Damit ginge der Sinn einer leistungsorientierten Entschädigung verloren.

Personalvertretung im Verwaltungsrat
Personalvertretungen in Verwaltungsräten bringen kaum grundlegende Veränderungen. Ein Personalvertreter, der im Verwaltungsrat Einsitz nimmt, wechselt seine Rolle und Sichtweise. Als Mitglied des Verwaltungsrats muss es ihm um das langfristige Wohl des Unternehmens gehen. Dies kann aber im Widerspruch zu kurzfristigen Personalinteressen stehen, zum Beispiel bei strategischen Neuausrichtungen. Wer glaubt, nur ein Personalvertreter habe die Interessen der Mitarbeitenden im Visier, der irrt. Ein gut zusammengesetzter Verwaltungsrat hat durchaus den Blick für die verschiedenen Stakeholder.